Ganztagsschule: Lehrer gegen "Massenschülerhaltung"

(c) Clemens Fabry
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Die Gewerkschaft spricht sich für Ganztagsschulen auf freiwilliger Basis aus und verurteilt "primitives Lehrerbashing". Für Eltern hat die Veto-Möglichkeit für Lehrer eine "schiefe Optik".

Ganztagsschulen

Die AHS-Lehrergewerkschaft hat sich am Mittwoch in einem Rundschreiben gegen "primitives Lehrerbashing" im Zusammenhang mit Ganztagsschulen gewehrt. Die Lehrer hätten selbst im April 2011 mehr "ganztägige Schulformen auf freiwilliger Basis unter strikter Berücksichtigung qualitativ hochwertiger Rahmenbedingungen" gefordert, betonte AHS-Vertreter Eckehardt Quin (FCG) in dem Schreiben. Dementsprechend würden auch die Ausbaupläne der Regierung begrüßt. "Wir sprechen uns aber klar gegen verpflichtende 'Massenschülerhaltung' aus."

Es gebe an jeder AHS Österreichs, wo das von den Eltern gewünscht werde, ganztägige Angebote, wehrte Quin sich gegen das Betonierer-Image der Gewerkschaft. Paul Kimberger (FCG), Vertreter der Pflichtschullehrer. Ihm sei kein einziger Fall bekannt, in dem Lehrer die Umwandlung eines Standorts in eine verschränkte Ganztagsschule mit Wechsel von Unterricht, Lern- und Freizeitphasen blockiert hätten.

Während es bei der reinen Nachmittagsbetreuung nämlich einen Rechtsanspruch der Eltern ab 15 angemeldeten Schülern gibt, müssen bei der Umwandlung zur verschränkten Form jeweils zwei Drittel der Eltern und der Lehrer zustimmen. Derzeit gibt es an insgesamt 18 Prozent der Pflichtschulen (Volksschulen, Hauptschulen/Neue Mittelschulen, Polytechnische Schulen, Sonderschulen) bzw. AHS-Unterstufen ganztägige Angebote. Schulen, an denen alle Klassen als verschränkte Ganztagsschule geführt werden, machen indes laut Unterrichtsministerium nur rund zwei Prozent (126 Schulen) aus.

Auch beim Dachverband der Elternvereine an Pflichtschulen ist kein Fall bekannt, in dem Eltern eine Umwandlung zur Ganztagsschule befürwortet, aber Lehrer diese blockiert hätten. Dass die Zustimmung der Lehrer Voraussetzung bleibt, hat aus Sicht des Vorsitzenden Christian Morawek dennoch "eine schiefe Optik".

Mit dem angekündigten Ausbau ganztägiger Schulformen sei man dennoch "auf dem absolut richtigen Weg", so Morawek. Um den Eltern eine wirkliche Wahl zwischen reiner Nachmittagsbetreuung und verschränkter Form mit einem Wechsel von Unterricht und Freizeit zu ermöglichen, bräuchten diese allerdings ausreichend und früh genug Information. "Die Länder und Landesschulbehörden sind gefordert, die Eltern auf ihr Mitbestimmungsrecht hinzuweisen."

Elternvertreter für Wahlmöglichkeit

Auch wenn Morawek selbst ein großer Befürworter der verschränkten Form ist, plädiert auch er für eine Wahlmöglichkeit der Eltern. Denn während er in Ballungsräumen auf jeden Fall für echte Ganztagsschulen sei, müsse man im ländlichen Raum erheben, ob ein solches Angebot gebraucht werde.

Kimberger und Quin pochten weiters auf zusätzliche Ressourcen für die Schulen, die Nachmittagsangebote machen sollen. "Schon jetzt sind viele Standorte, wo Ganztagesbetreuung angeboten wird, nicht kindgerecht", so der Pflichtschullehrervertreter.

Androsch kritisiert Spindelegger

Bildungsvolksbegehren-Initiator Hannes Androsch beharrte unterdessen in einer Aussendung vom Mittwoch darauf, dass es sich beim Ausbau von Ganztagsangeboten um echte Ganztagsschulen handeln müsse. Es dürfe außerdem nicht passieren, dass "Teile der Regierung vor der bekannten Gruppe der ständigen Blockierer wieder einknicken", kritisierte Androsch die Ankündigung von VP-Vizekanzler Michael Spindelegger, wonach der Ausbau sich an einer jährlichen Bedarfserhebung orientieren soll.

(APA)

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