Leitl: Bessere Schule hat Vorrang vor Dienstrecht

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Der Wirtschaftskammerpräsident fordert: Die Regierung muss Schüler, Eltern und Lehrer mit Bildungszielen mitreißen. Am 28.Jänner verhandelt das Ministerinnentrio erstmals mit Lehrergewerkschaftern über neue Besoldung.

Wien. Die Zeit vor der Nationalratswahl wird langsam knapp. Dem Präsidenten der Wirtschaftskammer, Christoph Leitl (ÖVP), wird das ständige Gezerre um ein neues Dienstrecht samt Gehaltsschema mit höheren Einstiegsgehältern für neu eintretende Lehrer jetzt zu bunt. Am Montag der Vorwoche gab es neue Beratungen zu diesem Thema auf Beamtenebene, die Fronten sind weiter verhärtet.

Bezüge für Junglehrer umkämpft

Nun tritt erstmals die Regierung seit dem Verhandlungsstart im Herbst des Vorjahres voll auf den Plan. Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ), Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) und Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) werden zum ersten Mal gemeinsam die Gespräche mit den Lehrergewerkschaftern führen. Termin dafür ist der 28.Jänner, wie der „Presse“ bestätigt wurde. In der SPÖ-ÖVP-Regierung steigt die Ungeduld wegen einer Einigung noch bis zum Sommer. Vonseiten des Ministerinnentrios werden die Erwartungen für die Verhandlungsrunde Ende Jänner freilich von vorneherein gedämpft. Hintergrund dafür ist, dass vor allem die Forderungen der Lehrervertreter zur Anhebung der Einstiegsbezüge für Junglehrer das Angebot der Regierung übersteigen und wenig Fortschritte erwartet werden.

Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl beklagt allerdings im Gespräch mit der „Presse“, dass der Hebel bei Bildungsreformen von der Regierung falsch angesetzt wird. Zuerst müsse Österreich seine Bildungsziele festlegen: „Welche Dinge können wir von anderen lernen? Was können wir umsetzen?“ Für Leitl haben diese Inhalte Vorrang: „Daher halte ich von dieser Dienstrechtsdiskussion überhaupt nichts.“

Der Chef der Wirtschaftskammer ist „überzeugt“, seien einmal die Ziele, die Österreich erreichen wolle, festgelegt, „sind auch Schüler, Eltern und Lehrer bereit mitzuziehen“. Man solle jedoch „nicht bei den Instrumenten“ beginnen. Beim Dienstrecht möchte die Regierung noch vor der Nationalratswahl mit den Lehrergewerkschaftern eine Einigung erzielen.

„Europameister“ im Berufssektor

Es müsse die umgekehrte Vorgangsweise erfolgen: Dienstrechtliche Erfordernisse und Anpassungen seien von den definierten Zielen für die Schule abzuleiten: Und weiter: „Wenn sich daraus Änderungen ergeben, von mir aus auch bei der Besoldung, etwa durch Anreizsysteme gewisse Standards nicht nur zu erreichen, sondern zu übertreffen, dann wunderbar“, sagt Leitl: „Ich finde dieses Herumgeschiebe desillusionierend.“

Wessen Schuld die ständigen Verzögerungen bei Besoldungsreformen, sei es an Schulen oder Universitäten, seien? Er wolle bewusst keine Schuldzuweisung vorgenehmen, sondern zu Veränderungen motivieren, so seine Antwort. Der Wirtschaftskammer-Chef verweist darauf, dass Österreich jedenfalls bei der beruflichen Ausbildung international Vorbild sei: „Was die Berufsschullehrer, die Betriebe und die jungen Menschen im beruflichen Bereich leisten, nämlich Europameister zu sein, müsste doch im allgemeinen schulischen Bereich auch gelingen.“ Und zur Bekräftigung: „Dort sind wir Europameister, bei den PISA-Tests sind wir hintennach.“

Er hätte sich von der Koalition im Bildungswesen generell „mehr Gemeinsames“ erwartet. Anfang März wird die Regierung bei einer Klausur noch einen Anlauf starten: Von der Ganztagsbetreuung angefangen sollen noch Neuerungen im Bildungsbereich vor der Nationalratswahl in die Wege geleitet werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2013)

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