Lehrer und Ministerium gehen in Stellung. Die Gewerkschaft hofft auf neue Verhandlungspartner nach der Wahl. Die SPÖ bewirbt ihren Entwurf.
Zum Schulbeginn fahren Regierung und Gewerkschaft in Sachen Lehrerdienstrecht ihre Info-Geschütze auf. Das Unterrichtsministerium versendet an alle Schulen und Lehrer "Schulnews Spezial" und schaltet zusätzlich eine Info-Hotline frei. Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) kontert mit einer Sonderausgabe des Mitgliedermagazins "GÖD - Der öffentliche Dienst aktuell".
Mit den AHS-Lehrern hat mittlerweile die erste Lehrergruppe eine Stellungnahme zum Entwurf der umstrittenen Gesetzesnovelle verfasst. Gleichzeitig werden die gewerkschaftlichen Betriebsausschüsse an den AHS aufgerufen, die Lehrer zu informieren. Wie das geschehen soll, bleibt den Standorten überlassen - als Beispiel werden Dienststellenversammlungen genannt.
Info-Hotline
Wenig überraschend informieren Ministerium und GÖD zwar über den gleichen Dienstrechtsentwurf, kommen aber zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die "Schulnews" des Ministeriums listen auf insgesamt acht Seiten zunächst die "wichtigsten Punkte in aller Kürze" auf, nennt Ziele und Maßnahmen der Reform zur "Steigerung der Attraktivität" des Lehrerberufs, führt die "wichtigsten Eckpunkte im Detail" und Einkommensvergleiche zwischen altem und neuem System an und widmet sich dann Fragen und Antworten zum Thema Dienstrecht. Wer sich telefonisch informieren will, erreicht die Ministeriums-Hotline unter 0800 20 88 54 bis 25. September zum Nulltarif.
Attraktives Angebot: "Ein Märchen"
Die Gewerkschafter beeindruckt die Ministeriums-Info wenig: "Wir kennen die Propaganda der Claudia Schmied, deshalb sehe ich das mit großer Gelassenheit. Eine Unwahrheit wird nicht zur Wahrheit, nur weil sie oft wiederholt wird. Wenn die Lehrer die Broschüre genau lesen, werden sie erkennen, dass das mit dem angeblich so attraktiven Angebot ein Märchen ist", so der Vorsitzende der ARGE Lehrer in der GÖD, Paul Kimberger (FCG).
Die GÖD weckt mit ihrer Info-Broschüre umgekehrt gleich einmal Titanic-Assoziationen: Mit einem Eisberg wird symbolisiert, dass dem sichtbaren Teil der Lehrerarbeit ("Unterricht in der Klasse") ein weitaus größerer Teil an "unsichtbarer" Arbeit von Vorbereitungen über Abfallbewirtschaftung bis zum Qualitätsmanagement gegenübersteht. Anschließend wird aufgezählt, warum der Dienstrechtsentwurf "Arbeitnehmer-, leistungs- und qualitätsfeindlich" ist. Gleichzeitig gehen die Gewerkschafter offenbar davon aus, dass nach der Wahl die Karten neu gemischt werden: "Wir hoffen auf neue Verhandlungspartner/innen nach der Nationalratswahl, weil es uns um Qualität geht."
Die AHS-Lehrer halten die geplante Gesetzesnovelle wenig überraschend für "völlig inakzeptabel". Hauptstoßrichtungen der Kritik: Einerseits müsse die Unterrichtsverpflichtung wieder auf das bisherige Ausmaß gesenkt werden, andererseits müsse für den AHS-Bereich ein Masterstudium als Zuordnungsvoraussetzung vorausgesetzt werden. Auch das Ersetzen des Unterrichtspraktikums durch eine Induktionsphase wird abgelehnt.
In einem Rundschreiben an die gewerkschaftlichen Betriebsausschüsse hat die AHS-Gewerkschaft neben der Begutachtungs-Stellungnahme außerdem eine Power-Point-Präsentation und einen Artikel von AHS-Gewerkschaftschef Eckehard Quin verschickt. "Wir bitten Sie, mit Hilfe dieses Materials die Kollegenschaft (z.B. in Dienststellenversammlungen) bis spätestens 20. September zu informieren, damit den KollegInnen eine Stellungnahme (...) während der Begutachtungsfrist und Feedback an die Parteien vor der Nationalratswahl möglich ist."
Eigene Begutachtungs-Stellungnahmen
Gleichzeitig werden die Lehrer aufgerufen, eigene Begutachtungs-Stellungnahmen ans Parlament zu schicken. Auch die Parteichefs könnten einige Mails bekommen: Unter anderem wird angeregt, ihnen "Feedback" zum Thema Lehrerdienstrecht zu schicken und ihnen Fotos der Lehrerarbeitsplätze zukommen zu lassen.
Die Regierung hatte vor knapp vier Wochen ohne Zustimmung der Gewerkschaft einen Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt. Vorgesehen ist ein einheitliches Dienstrecht für alle neu eintretenden Pädagogen ab 2019/20, bereits ab 2014 können Neu-Lehrer freiwillig das neue Modell wählen. Es sieht eine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung auf 24 Stunden vor (wobei bis zu zwei Abschlagsstunden für Klassenvorstände, Mentoren sowie für Lernbegleitung und Schüler-bzw- Elternberatung vorgesehen sind), höhere Anfangsgehälter samt einer späteren Verflachung der Gehaltskurve, neue Regeln für Zulagen, verpflichtende Fortbildung für alle Lehrer, eine Neugestaltung des Berufseinstiegs sowie ein Aus für die Pragmatisierung.
(APA)