Im Bergdorf Ebnit gehen vier Kinder zur Schule. Am Freitag wird diese wegen Schülermangels geschlossen. Ein gerade noch rechtzeitiger Besuch.
30.06.2014 um 17:06
"O Hoamatle, O Hoamatle, am himmelblaue Bodesee": Die vier Schüler der Volksschule Ebit stehen im Kreis vor der Schule und singen. Denn an sonnigen Tagen wird der Unterricht im auf 1100 Metern Seehöhe liegenden Bergdorf für eine Weile nach draußen verlegt.
Darko Todorovic
Das Ritual nennt sich Morgenkreis. Die Kinder stellen kleine Vasen mit Blumen in die Mitte des Kreises, und dann beginnt die Vorstellrunde: "Rose grüßt Ringelblume, Ringelblume grüßt Taglilie. Und Taglilie grüßt Magarite."
Darko Todorovic
Das Bergdorf verliert am Freitag nach rund 200 Jahren seine Volksschule. Generationen sind in dem 130-Seelen-Ort zur Schule gegangen - erst im Anbau der Kirche...
Julia Neuhauser
...seit 1984 hier, im weißen Haus mit Holzvertäfelung und Balkon.
Julia Neuhauser
In Ebnit sitzen alle Schüler in der ersten Reihe: Hannah, Gastschülerin Tina (deren Mutter schon hier zur Schule gegangen ist), Philip und Lea (von links). Elena war beim Besuch der "Presse" krank. Die vier Ebniter Volksschüler wechseln im Herbst in Gymnasium und Neue Mittelschule.
Julia Neuhauser
Der Unterricht in der Kleinstschule ist häufig offen. Die Kinder lernen voneinander. Die Lehrerin hilft dann, wenn sie gebraucht wird. "Sie kommen mir nicht aus. Die vier haben quasi fünf Stunden am Tag Förderunterricht", sagt Inge Maria Drexel, die einzige Lehrerin und zugleich Direktorin der Schule.
Julia Neuhauser
Zwei Erstklassler wären im Herbst in die Volksschule nachgerückt. Das war zu wenig. Die Volksschüler müssen künftig ins rund zehn Kilometer entfernte Dornbirn pendeln.
Julia Neuhauser
Der Weg von Ebnit nach Dornbirn ist abenteuerlich. Er führt über eine schmale Serpentinenstraße, durch Tunnel, die nicht vermauert, sondern in den nackten Fels geschlagen wurden, und über schwindelerregend hohe Brücken. Fast die gesamte Strecke verläuft entlang der Rappenlochschlucht - einer der größten dieser Art in Mitteleuropa.
Julia Neuhauser
Über den ungewöhnlichen Schulweg kann auch Drexel so einiges erzählen. Es war erst ihr zweiter Tag in der Volksschule als ein drei Tonnen schwerer Felsbrocken auf die Straße fiel. In den folgenden zwei Wochen wurde Drexel mit dem Feuerwehrjeep zur Schule gebracht.
Julia Neuhauser
"Die Kinder hier im Dorf sind nur in einem Punkt anders als die in der Stadt: Sie sind naturverbundener", sagt die Lehrerin.
Darko Todorovic
Philip ist der Experte für Berge. Er kennt sie alle - die Mörzelspitze, den Firstkamm, den Sattel und den Freschen.
Darko Todorovic
Die große Pause findet draußen in der frischen Luft statt. Man hört den Gockelhahn krähen und die Kühe mit ihren Glocken läuten.
Darko Todorovic
Zurück in der Schule wird der Teppich ausgerollt. Darauf zu sehen ist die Landkarte von Vorarlberg. Nun beginnt der Englischunterricht. Und wieder wird gesungen: "In the jungle there is a party tonight..."
Julia Neuhauser
Die vier Schüler haben das ganze Dorf zum Abschlusstheater eingeladen. Fällt dort der Vorhang, dann "wird Ebnit wohl zur Schlafstätte werden", wie es Direktorin Drexel ausdrückt.
Julia Neuhauser
Die letzten Tage einer Schule
Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.