„Türkisch statt Englisch“

Mehrsprachigkeit im Kindergarten
Mehrsprachigkeit im Kindergarten(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mehrsprachigkeit müsse wertgeschätzt werden. Pädagogen brauchen Kompetenz für Deutschförderung.

Wien. Eltern mit einer anderen Muttersprache als Deutsch sind häufig verunsichert, wenn es darum geht, welche Sprache sie mit ihrem Kind sprechen sollen: „Die Muttersprache – oder doch Deutsch, eine Sprache, die sie womöglich selbst nicht perfekt beherrschen“, sagt Nina Medlitsch, Psychologin bei der St. Nikolausstiftung, die rund 80 Kindergärten und Horte betreibt. „Viele Eltern sind überrascht, wenn man ihnen sagt, dass sie mit den Kindern auf jeden Fall in ihrer Muttersprache reden sollen.“

„Man sollte Eltern frühzeitig informieren und darin bestärken, zu Hause mit gutem Gewissen jene Sprache zu sprechen, in der sie sich am besten ausdrücken können“, sagt Medlitsch. Deutsch sollten die Kinder im Kindergarten lernen. Bei einer normalen Sprachentwicklung – und die setze voraus, dass die Kinder bereits in der Muttersprache ein Sprachsystem entwickelt haben – sei das früh genug.

Damit der Erwerb des Deutschen auch gelingt, plädiert Birgit Hartel, wissenschaftliche Leiterin des Charlotte-Bühler-Instituts, für mehr Informationen und Fortbildungsmöglichkeiten für die Pädagogen, die täglich mit den Kindern arbeiten. Die Effekte von Fördermaßnahmen außerhalb des Alltags – wenn Kinder aus der Gruppe genommen werden – seien sehr gering. „Zentral ist alles, was im Alltag an Sprachförderung stattfindet. Da sind Gespräche an erster Stelle.“ Neben Wissen über Spracherwerb bräuchten die Pädagogen dafür entsprechende Rahmenbedingungen, also: kleinere Gruppen.

Bücher in fremden Sprachen

Einig sind sich Medlitsch und Hartel darin, dass es für Mehrsprachigkeit mehr Wertschätzung brauche. Dass es etwa Bücher in fremden Sprachen gebe, dass die Pädagogen Interesse zeigten. Hartel: „Und anstatt Kindern Englisch beizubringen wäre es sinnvoller, dass sie etwa türkische Begriffe lernen – damit sie so Sprachen entdecken, die näher an ihrem Alltag sind.“ (beba)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2014)

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