Schulverwaltung: Länder vor Übernahme der Lehrer

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NIESSL(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Für die Länder könnte sich schon heute der Wunsch, mehr Macht über die Lehrer zu erhalten, erfüllen. Die SPÖ dürfte ihr Veto gegen eine Verländerung der Lehrer aufgeben.

Wien. Die Landeshauptleute sind euphorisch. Ihr seit 2009 gehegter Wunsch, mehr Macht über die Lehrer zu erhalten, könnte nun in Erfüllung gehen: „Ich glaube, dass es noch niemals so nah war, einen Durchbruch zu schaffen, wie jetzt“, sagt Burgenlands Landeschef, Hans Niessl (SPÖ).

Entscheidend könnte schon der heutige Dienstag sein. Am Nachmittag wird die aus Experten bestehende Schulverwaltungsgruppe der politisch besetzten Bildungsreformkommission ihre Vorschläge zur Vereinfachung der Schulverwaltung vorlegen. Dabei dürfte die Verländerung der Lehrer – also die Übernahme aller Lehrer in den Verwaltungsbereich der Länder – ein zentrales Thema sein. Überraschend ist, dass dieser Vorschlag nun offenbar auch bei der sich bislang querstellenden Bundes-SPÖ mit Wohlwollen aufgenommen wird.

1. Die SPÖ war bisher klar gegen eine Verländerung. Fällt die SPÖ um?

„Die SPÖ wird einer Verländerung der Lehrer nicht zustimmen. Diese Haltung wird nicht geändert.“ Nachsatz: „Die Debatte, wer die Lehrer anstellt, ist mit dem heutigen Tag beendet“, das sagte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) im November 2010. Doch nun kocht die Diskussion wieder hoch, und die damals vom Parteichef vorgegebene Linie wackelt. Sowohl von Faymann als auch von Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) gebe es Signale, die auf einen Meinungsumschwung hindeuten: „Auch die Sozialdemokratie sieht nun im Vorschlag der Landeshauptleutekonferenz Vorteile“, sagt Niessl zur „Presse“. Was zu dem Sinneswandel führte? „Es wurde klargestellt, dass die wichtigsten Kompetenzen beim Bund bleiben und es keine Zersplitterung in neun unterschiedliche Bildungssysteme geben werde.“ Die Ministerin selbst hielt sich gestern noch bedeckt: „Ich bin optimistisch, dass wir in der nächsten Sitzung bereits die ersten Schritte für eine umfassende Reform im Sinne der Schülerinnen und Schüler setzen können.“

2. Wie könnten die Aufgaben künftig tatsächlich verteilt werden?

Am realistischsten erscheint folgendes Szenario: Der Bund gibt weiter die Richtung vor. Er macht die Gesetze, legt den Lehrplan fest, definiert Bildungsziele und überprüft diese. Die Landesschulräte (anders als ihr Name vermuten lässt, handelt es sich um Bundesbehörden) sollen abgeschafft werden. Stattdessen sollen laut den Befürwortern einer Verländerung sogenannte Bildungsdirektionen entstehen.

3. Heißt das automatisch, dass alle Lehrer in Länderhand sein werden?

Das ist noch nicht entschieden. Derzeit sind die Länder für 75.000Pflichtschullehrer und der Bund für 50.000 AHS- und BHS-Lehrer zuständig. Es deutet vieles auf die Verländerung der Bundeslehrer hin. Wann immer bislang die Rede von der Errichtung von Bildungsdirektionen war, dann war eine Behörde der Länder gemeint. Niessl bestätigt das auch jetzt: Es deute alles darauf hin, „dass einerseits alle Lehrer in die Kompetenz der Länder übersiedeln“ und dass die Lehrerverwaltung ausschließlich von den Ländern in den Bildungsdirektionen gemacht werde.

4. Welche Vor- bzw. Nachteile bringt eine Verländerung mit sich?

Das Hauptargument der Gegner ist ein finanzielles: Wären alle Lehrer den Ländern unterstellt, wäre trotzdem weiter der Bund für deren Bezahlung zuständig. Das birgt ein großes Risiko. Denn schon bisher zeigten die Länder, dass sie sich nicht an den mit dem Bund vereinbarten Stellenplan halten und mehr Lehrer als vereinbart anstellen. Der Bund blieb so jährlich auf Mehrkosten von bis zu 30 Millionen Euro sitzen. Bemühungen der Bildungsministerin, die Länder zu mehr Budgetdisziplin zu zwingen, scheiterten zuletzt am Widerstand der Landeschefs. Die sehen in der Verländerung übrigens kein finanzielles Risiko. Sie sprechen sogar von erheblichem Einsparungspotenzial. Laut Niessl handelt es sich um rund 30 Millionen Euro. Außerdem seien die Länder näher an den Schulen. Das sei bei der geplanten Ausweitung der Schulautonomie wichtig.

5. Wie weit soll die versprochene Schulautonomie gehen?

Darüber wird noch viel diskutiert werden. Im Raum steht, dass die Schulen die Lehrer künftig selbst aussuchen sollen. Die Autonomie könnte sogar so weit gehen, dass es zwischen Schule und Ministerium nur noch Leistungsvereinbarungen gibt, die erfüllt werden müssen. Für Niessl ist außerdem vorstellbar, dass die Schulen bis zu einem Viertel des Lehrplans selbst gestalten.

(c) Die Presse

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2015)

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