Bildungsexperte Bernd Schilcher überraschend verstorben

PK VOLKSBEGEHREN BILDUNGSINITIATIVE 'PRAeSENTATION DES  TEXTES': BERND SCHILCHER
PK VOLKSBEGEHREN BILDUNGSINITIATIVE 'PRAeSENTATION DES TEXTES': BERND SCHILCHERAPA/HANS KLAUS TECHT
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Er war in Bildungsfragen in ständigem Konflikt mit der Gewerkschaft und der Partei. ÖVP-Poltiker Schilcher war einer der Miterfinder der Neuen Mittelschule.

Er war der schwarze Reibebaum der schwarzen Lehrer-Gewerkschaft, Parteikollegen stieß er mit seinen bildungspolitischen Forderungen regelmäßig vor den Kopf, und er war einer der Miterfinder der Neuen Mittelschule: Bernd Schilcher, ehemaliger steirischer VP-Landtagsklubobmann und Landesschulratspräsident, ist am Freitag wenige Wochen vor seinem 75. Geburtstag gestorben.

Schon in frühester Jugend, sagte Schilcher anlässlich seines 70. Geburtstags im Gespräch mit der APA, habe er sich mit Bildungsfragen beschäftigt. Die Trennung der Schüler mit zehn Jahren habe er erstmals infrage gestellt, als er seine drei besten Freunde durch deren Wechsel in die Hauptschule verlor. "Mich haben schon immer die Strukturen und die ständischen Überlegungen interessiert", so Schilcher.

Wenige Freunde bei der Lehrervertretung

Bei der Lehrervertretung hat sich Schilcher mit seinen teils sehr anschaulichen Überlegungen wenige Freunde gemacht. Für Aufregung sorgte er etwa mit seiner Forderung nach ganztägiger Anwesenheit der Pädagogen an der Schule: "Die Zeit der 'Auspufflehrer', von denen man um elf nur noch den Auspuff gesehen hat, ist vorbei." Die Gewerkschaft sah er als reine Privilegien-Bewahrerin, von der keine inhaltlichen, sondern ausschließlich finanzielle Forderungen kämen. Auch mit der eigenen Partei ging er gerne hart ins Gericht: Die Bildungspolitik der ÖVP bestehe nur aus Standespolitik, kritisierte er etwa wiederholt.

Auch im Widerstand gegen die Neue Mittelschule, die er mitentwickelte, sah Schilcher Gründe in der Geschichte: Die Bildungsbürger fürchteten, "ihren Vorrang einzubüßen. Das Standesdenken ist tief drinnen bei den Österreichern."

"Wichtiger Partner der Industrie"

Schilcher wurde am 22. Juli 1940 in Graz geboren. Dort studierte er Medizin und Rechtswissenschaften. Zwischen 1989 und 1996 war er Landesschulratspräsident der Steiermark. Schilcher führte in dieser Zeit u.a. in seinem Bundesland einen neuen Schultyp ein, die Realschule, die den Schülern ein Kennenlernen der Arbeitswelt ermöglichen soll. Seit 2003 war er im Ruhestand - allerdings nicht, weil er nicht weiter mit den Studenten arbeiten wollte. Grund seien "die grauenhaften Strukturen" gewesen. Anfang der 1970er war Schilcher an der Erstellung des Salzburger Programms der ÖVP beteiligt. 1976 bis 1993 saß er für die Volkspartei im steirischen Landtag, zwischen 1985 und 1989 als deren Klubobmann.

Das überraschende Ableben Schilchers hat Trauer und Betroffenheit hervorgerufen. ÖVP-Obmann und Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner würdigte ihn als "große Persönlichkeit", Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) als "bildungspolitischen Visionär". Der Grüne Bildungssprecher Harald Walser sah ihn als "Vorkämpfer für ein schülergerechtes Schulsystem". Die amtsführende steirische Landesschulratspräsidentin Elisabeth Meixner würdigte den Verstorbenen als "kreative, prägende, herausragende bildungspolitische Größe". Ihr Stellvertreter Wolfgang Erlitz sagte: "Seine Sichtweisen, seine Energie und seine Kritik werden der heimischen Bildungslandschaft fehlen." Jochen Pildner-Steinburg, Präsident der Industriellenvereinigung Steiermark, beklagte: "Mit Bernd Schilcher verlieren die Steiermark und Österreich einen politischen Zukunftsdenker ohne Scheuklappen." In Bildungsbelangen sei Schilcher ein "wichtiger Partner der Industrie" gewesen.

(APA)

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