Ein Kompromiss könnte Vorarlberg gesamt zur Modellregion machen. Kanzler Faymann freut sich - ein bisschen zu sehr.
In der Diskussion um die Modellregionen für die "gemeinsame Schule" könnte es jetzt Bewegung geben. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner zeigte sich im Gespräch mit den "Vorarlberger Nachrichten" flexibel, was die im Koalitionspapier geplante Begrenzung auf 15 Prozent der Schüler pro Bundesland angeht. Ein Kompromiss könnte Vorarlberg gesamt zur Modellregion machen.
Mitterlehner hat sich am Rande eines Besuchs in Dornbirn dezidiert dafür ausgesprochen, sich in den entsprechenden Gremien für das Vorarlberger Modell der Gemeinsamen Schule einsetzen zu wollen: der Wissenschaftsminister und Landeshauptmann Markus Wallner (beide ÖVP) wollen demnach dafür werben, dass es neben der von SPÖ und ÖVP festgelegten 15-Prozent-Regelung für den Schulversuch einen Zusatz geben soll, der eine Maximalzahl von Schülern vorsieht.
Wenn diese Zahl im Bereich von circa 5000 Schülern liegt, könnte Vorarlberg den per All-Parteien-Beschluss gewünschten Schulversuch in Angriff nehmen. Sicher nicht scheitern würde dies an der SPÖ. Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek hat wiederholt klar gestellt, dass sie sich zwar an das Koalitionspapier halte, aber nichts dagegen hätte, sollte sich noch mehr Spielraum für die von der SPÖ seit Jahrzehnten propagierte gemeinsame Schule ergeben.
Faymann (zu) erfreut
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ist davon angetan, dass Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) bei den Modellregionen für die "gemeinsame Schule" Flexibilität angedeutet hat. Der SPÖ-Chef will nun einen gemeinsamen Antrag, wonach die Bundesländer künftig selbst darüber entscheiden können, wie groß die Modellregionen sind, erklärte der Kanzler in einer Aussendung.
Dass wirklich alle Bundesländer über die Größe ihrer Modellregionen entscheiden können, geht Mitterlehner wieder zu weit. Er bremst den Tatendrang des Kanzlers: Zur Idee des SPÖ-Chefs, die Länder selbstständig über die Größe der entsprechenden Schulversuche entscheiden zu lassen, heißt es aus dem Büro des Vizekanzlers, dies sei kein Thema.
Wien erhofft sich trotzem Bewegung: "Ganz Wien soll Modellregion für Gesamtschule werden", forderte Bildungslandesrätin Sandra Frauenberger (SPÖ). Auch im rot-grünen Regierungsübereinkommen steht, dass Wien komplett zum Gesamtschulversuch werden soll. "Eine Flexibilisierung der 15-Prozent Grenze würden wir jedenfalls begrüßen", so Frauenberger.
Gang zu VfGH?
Die Grünen hatten sich davor über das Zugeständnis der ÖVP in der Schulfrage erfreut gezeigt. Die positiven Aussagen Mitterlehners zur Modellregion Vorarlberg seien eine "gute Basis für weitere Verhandlungen", meinte Bildungssprecher Harald Walser in einer Aussendung. Er tritt dafür ein, nun so rasch wie möglich ernsthafte Verhandlungen über die Bildungsreform aufzunehmen.
Aus Vorarlberg gibt es dagegen auch kritische Stimmen: Wolfgang Türtscher, Obmann der Initiative ProGymnasium in Vorarlberg, hält eine Modellregion im ganzen Bundesland sogar für verfassungswidrig. Für die Schüler Vorarlbergs ergebe sich ein Nachteil gegenüber denen aus den übrigen acht Bundesländern, die weiterhin ein Gymnasium zur Auswahl hätten. Er kenne Familien in Vorarlberg, die den Gang zum Verfassungsgerichtshof planen.
(APA/Red. )