„Wenig Rechte, schwammig formuliert“

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Themenbild(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Studentenrechte. Tauschen FH-Studenten gutes Service gegen weniger Rechte? Vertreter von ÖH und der Fachhochschulkonferenz beantworten diese Frage recht unterschiedlich.

Aus Sicht der Universitäten sind Fachhochschul-Studierende in vielem bevorzugt. Aus Sicht der Studierendenvertretung gibt es jedoch auch Probleme, die dem FH-System immanent sind und deshalb dessen Studierende weit stärker betreffen. Meryl Haas, Mitglied des Vorsitzteams der ÖH-Bundesvertretung, würde sich in etlichen Punkten eine Nachschärfung des Fachhochschulstudiengesetzes (FHStG) wünschen. Die Kritik der ÖH bezieht sich zum einen auf die Ausgestaltung des Gesetzes selbst, zum anderen auf dessen Durchsetzbarkeit. Ein Problem ortet Haas bereits in der Konzeption der jeweiligen Rechtsvorschriften. Das FHStG, in dem die Rechte der FH-Studierenden verankert sind, sei nicht ein Durchführungsgesetz wie das präzise und ausführliche Universitätsgesetz (UG 2002), sondern lediglich ein Rahmengesetz, das sehr großen Interpretationsspielraum zulasse – oft zulasten der Studierenden. Es sehe einerseits nur sehr wenige Rechte vor und sei andererseits schwammig formuliert. „Die studienrechtlichen Angelegenheiten sind so großteils der jeweiligen FH zur selbstständigen Regelung überlassen“, so Haas.

Für die Österreichische Fachhochschul-Konferenz (FHK), Vertretung und Sprachrohr aller Fachhochschulen, ist der Wunsch der Studierendenvertretung nicht nachvollziehbar. Immerhin sei bei der letzten FHStG-Novelle 2011 der Abschnitt „Studienrechtliche Bestimmungen“ in das Gesetz aufgenommen worden. „Dabei hat das Wissenschaftsministerium sich stark an den Regelungen im UG 02 orientiert oder sie sogar wortwörtlich übernommen“, sagt FHK-Generalsekretär Kurt Koleznik. Die ÖH-Vertreterin sieht dies anders: „21 Fachhochschulen regeln studienrechtliche Angelegenheiten auf 21 verschiedene Arten und implementieren dies in privatrechtlichen Ausbildungsverträgen und selbst gemachten Regelwerken.“

Rechte schwer durchsetzbar

Auch das Durchsetzen von Rechten ist laut Haas für FH-Studierende ungleich schwieriger als für Studierende an Universitäten. Der erschwerte Rechtsweg ergebe sich aus der Tatsache, dass Unis dem Verwaltungsrecht unterlägen, Fachhochschulen hingegen dem Privatrecht, sodass ihren Studierenden im Streitfall nur der Gerichtsweg offenstehe. „Dies ist eine erhebliche Hürde, da Studierende hierbei im Vergleich zum verwaltungsrechtlichen Rechtsweg einer Anwaltspflicht unterliegen und das volle Prozesskostenrisiko tragen, was Kosten von mehreren Tausend Euro bedeuten kann.“ Auch das weist die FHK zurück. „Anwaltskosten fallen bei beiden Rechtswegen an, auch vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts gilt Anwaltszwang. Außerdem kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden, wie sich die Verfahrenskosten bei Verfahren vor den neuen Bundesverwaltungsgerichtshöfen entwickeln. Zu dieser Frage liegen bereits mehrere Rechtsmeinungen vor, die alle zu dem Ergebnis kommen, dass das Prozessrisiko vor den Zivilgerichten nicht höher und das Verfahren nicht teurer oder schwieriger ist“, sagt Koleznik.
Haas hingegen, die so gut wie alle konkreten studienrechtlichen Probleme, mit denen die ÖH derzeit in der Studienberatung konfrontiert wird, als Symptome der genannten rechtlichen Ursachen sieht, verweist auf ein Rechtsgutachten des Verfassungsrechtlers Walter Berka von der Universität Salzburg, aus dem klar hervorgehe, dass es lediglich vom politischen Willen des Gesetzgebers abhänge, die Fachhochschulen und den Rechtsweg adäquat umzugestalten.

Doppelstudienbeiträge

Ein finanzielles Problem, das viele Studierende betrifft und mit dem sich die ÖH aktuell auseinandersetzt, sind nicht zurückerstattete Studienbeiträge. Um eine verbindliche Zusage für einen Studienplatz zu erhalten, verlangten viele Fachhochschulen von potenziellen Studierenden eine frühzeitige Einzahlung der Studienbeiträge, also der gesetzlich vorgesehenen 360 Euro, als eine Art Kaution. Etliche Fachhochschulen behielten diesen Betrag ein, wenn der Studienplatz aus verschiedenen Gründen doch nicht wahrgenommen werde (etwa wegen der Zusage einer anderen FH). Die FHK verteidigt diese Praxis: „Aus Sicht der FH-Erhalter entsteht in diesem Fall ein unbesetzter Studienplatz und dadurch für den jeweiligen Jahrgang eine Finanzlücke, außer ein nachgereihter Studienwerber übernimmt den frei gewordenen Platz.“
Eine Benachteiligung der FH-Studierenden sieht Haas auch in der praktischen Möglichkeit, als Studienvertreter tätig zu sein. Zwar sei die Bereitschaft von FH-Studierenden, sich in der ÖH zu engagieren, sehr hoch. Starre und unflexible Curricula sowie der Zwang, das Studium in Mindeststudienzeit abzuschließen, erschwerten ein Engagement jedoch. Aus Sicht der FHK hingegen „hängt vor allem mit der hohen Studierendenzufriedenheit zusammen, dass die Studierenden wenig Anlass haben, sich zu engagieren“. In der ÖH aktive Studierende hingegen werden laut Kolesnik „selbstverständlich von der Anwesenheitspflicht, so eine solche besteht, befreit“.

FH-interne Ombudsstellen empfohlen

Josef Leidenfrost, Leiter der beim Wissenschaftsministerium angesiedelten Ombudsstelle für Studierende, empfiehlt Fachhochschulen, selbst Ombudsstellen einzurichten. Zwar laufe seiner Beobachtung nach die Kommunikation zwischen FH-Studierenden und -Lehrenden aufgrund der kleinräumigeren Studienorganisation sehr geregelt ab. Dennoch seien auch die diesbezüglichen Ansprüche an eine FH allein schon wegen der Ausbildungsverträge höher. „Die Studierenden dort wollen Leistung, wenn sie zahlen sollen.“

Die statistisch häufigsten Beschwerden von FH-Studierenden an die Ombudsstelle betreffen laut Leidenfrost die Bereiche Leistungsbeurteilung, Zulassung zum Studium (Transparenz von Kriterien im Aufnahmeverfahren) sowie den Ausschluss vom Studium (bei Nichterreichen der Graduierung). Für Leidenfrost wäre es sehr von Vorteil, für derartige Konflikte eine FH-interne, weisungsfreie Ombudsstelle einzurichten und mit einer Person zu besetzen, die nicht in der Lehre tätig ist beziehungsweise außerhalb der akademischen Hierarchie steht. Die Bundesombudsstelle sei weiterhin vor allem mit den Querschnittsthemen, die den gesamten Tertiärbereich betreffen, wie etwa Studienrecht, Studienförderungsrecht und Durchlässigkeit von Hochschulen, gut ausgelastet. Freilich sei die Einrichtung einer FH-internen Ombudsstelle personell eher nur für große Fachhochschulen leistbar, meint Leidenfrost. Die drei großen Wiener FH beispielsweise legten entsprechende Bemühungen an den Tag. So verfüge seit fast zehn Jahren die FH Wien der WKW über eine Ombudsstelle für Studierende, die FH des BFI Wien über eine Ombudsstelle für gute wissenschaftliche Praxis. An der FH Technikum Wien sei derzeit eine Ombudsstelle Studienrecht im Aufbau begriffen. „Wichtig wäre allerdings, dass eine solche Stelle nicht nur für ein Thema zuständig ist, sondern sich Studierende auch in allen Belangen dort hinwenden können, egal, ob es Lehre, Verwaltung, Service oder Prüfungen betrifft“, so der Experte.

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