Anlässlich der Kindergartenaffäre rückte Wiens Bildungsstadträtin Sandra Frauenberger zu einer Beruhigungsoffensive aus.
Wien. Das Aus für die an 33 Standorten eingerichteten Wiener Privatkindergärten des Betreibervereins Alt-Wien dürfte in Kürze, nämlich mit Ende August, besiegelt sein. Die Platzsuche für 2200 betroffene Kinder ist voll im Gange. Für 1200 Kinder konnten nach Angaben der Stadt Wien bereits Ersatzplätze gefunden werden. Doch die Nervosität bei den Eltern ist nach wie vor groß, Teile der Elternschaft fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. Daher rückte am Donnerstag Wiens Frauen- und Bildungsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) zu einer Beruhigungsoffensive aus.
„Wir geben die Garantie ab, dass jedes Kind im September einen Platz haben wird“, meinte sie vor Journalisten. Weiter: „Wir haben mit vielen, vielen Maßnahmen versucht, die Eltern auf den Wechsel vorzubereiten.“ Und: „Wir nehmen die Ängste und Sorgen der Eltern sehr, sehr ernst.“ Die Stadt habe angesichts des offenkundigen Missbrauchs von 6,6Millionen Euro Fördergeld durch den Verein Alt-Wien einen Plan B gehabt, versicherte Frauenberger.
Nach wie vor könnten sich Eltern bei der seit einiger Zeit eingerichteten Info-Hotline der Magistratsabteilung (MA) 10 (Kindergärten), Tel.: +43/(0)1/277 55 55, nach möglichen Neuplätzen erkundigen. „Die durchschnittliche Wartezeit bis zur Entgegennahme des Gesprächs beträgt 34 Sekunden“, erklärte MA-10-Leiterin Daniela Cochlar, die bei dem Medientermin an der Seite von Frauenberger auftrat. Beide beschworen die Flexibilität der Stadt und berichteten, dass punktuell an einigen bestehenden Wiener Kindergärtenstandorten zusätzliche Plätze geschaffen worden seien.
Zudem würden Kinder auch zu Trägern wie den Kinderfreunden oder der Nikolausstiftung wechseln. Es gebe jedoch auch Eltern, die sich noch nicht gemeldet bzw. Plätze nur unverbindlich reserviert hätten. Diese wurden nun ersucht, sich rasch an die MA 10 zu wenden.
Frauenberger: „Wir wissen, dass bei einigen angesichts unseres Krisenmanagements der Eindruck entsteht, dieses sei nicht gut genug. Viele meinen, wir sollten weiter Fördergelder zahlen. Das dürfen wir aber nicht.“ Denn: „Wenn Fördergelder so zweckwidrig verwendet werden, bist du in einer Situation, dass du Konsequenzen ziehen musst.“
Wie berichtet soll der Kindergartenbetreiber Richard Wenzel eben Gelder in Millionenhöhe zweckwidrig verwendet haben. Unter anderem flossen diese in einen neuen Kindergarten in Penzing, in eine Ballettschule, in eine Reitschule und in ein Parkschlössl in Bad Aussee, das für Feriencamps genutzt werden sollte. Wenzel weist darauf hin, dass er effizient arbeite und deshalb noch andere Projekte finanzieren könne.
Späte Strafanzeige
Nach 43 Jahren an der Spitze seines Unternehmens – dieses wurde 2009 in einen Verein umgewandelt – hatte sich Wenzel Mitte August aus dem Vorstand des Vereins Alt-Wien zurückgezogen. Mittlerweile wurde er von der Stadt bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft angezeigt. Für Unmut bei Beobachtern sorgt der Umstand, dass diese Anzeige relativ spät kam. Bereits 2013 hatte die Stadt den Verdacht, dass es bei Abrechnungen nicht mit rechten Dingen zugehe.
Indes reagierte Gernot Blümel, Wiens ÖVP-Landeschef, auf die Frauenberger-Aussagen: „Faktum ist, dass noch immer viele betroffene Eltern keinen Kindergartenplatz ab 1. September für ihre Kinder haben; die Zeit drängt. Wir werden Sie an Ihren Taten messen, Frau Stadträtin Frauenberger.“ (m. s.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2016)