Von Exzellenz, Eliten und beschränkten Zugängen

(c) Clemens Fabry
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Wer Bildung als Grundrecht sieht, wird in Österreich als UtopistIn beschimpft. Bildung begünstigt die Gesundheit, die soziale Absicherung und die demokratische Beteiligung.

Die öffentliche Bildungsdebatte hat in den letzten zwei Jahren definitiv einen Aufschwung erlebt. Gründe dafür waren unter anderen #unibrennt und die zugehörige Diskussion zur Hochschulpolitik und die Debatte um die Gesamtschule, die ja inzwischen einer typisch österreichischen Lösung in Form der Neuen Mittelschule zugeführt wurde. Dann war da auch noch das Androsch-Volksbegehren – dass es so genannt wird zeigt, dass die eigentliche Bildungsdebatte dazu äußerst inhaltsleer war.

Das Bildungsvolksbegehren hatte den Hintergrund, die Ressource „junge Menschen“ für den Wirtschaftsstandort im internationalen Wettbewerb zu sichern. Die zentrale Message war nicht „Kein Kind bleibt zurück“ sondern „Österreich darf nicht sitzen bleiben“ – also nicht eine Betonung der Förderung von und des Rechts auf Bildung der Einzelnen, sondern die Angst, Österreich könnte nicht mehr ausreichend wettbewerbsfähig sein. Diese Haltung ist symptomatisch für die Bildungsdiskussion in Österreich. In dieselbe Kerbe schlagen Diskussionen zum niedrigen Niveau der MaturantInnen, zu unnützen Studienrichtungen, zum Mangel an TechnikerInnen, der Überfüllung der Universitäten und weitere mehr.

Bildungsferne Schichten nicht an die Uni!

Auf akademischer Seite wird die Debatte anders geführt – hier steht nicht zwingend die wirtschaftliche Verwertbarkeit von Bildung im Zentrum, wohl aber die wissenschaftliche Exzellenz und die damit verbundene Elitenvorstellung. Vor wenigen Tagen war ich zu einer Feier eingeladen, bei der viele VertreterInnen der akademischen Elite in Wien anzutreffen waren. Ich traute meinen Ohren nicht: Eine Diskussion zur Situation der Unis und Zugangsbeschränkungen endete mit der Feststellung, dass Menschen aus bildungsfernen Schichten einfach nicht auf die Unis gehörten.

Bildung begünstigt die Gesundheit, die soziale Absicherung, die demokratische Beteiligung, sie entschärft das Arbeitslosigkeitsrisiko. Die genannten Auswirkungen sind zentral für die Gleichberechtigung der Menschen – mitunter ein Grund, warum Bildung ein Grundrecht ist. Es ist im UN-Sozialpakt verankert und wurde von Österreich 1978 ratifiziert. Wer es als Argument in die Diskussion einbringt, wird schief angesehen und als UtopistIn beschimpft. Doch eigentlich sollte genau die Sicherung dieses Grundrechts Ziel sein. Die momentane Bildungsdebatte führt daran vorbei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2011)

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