Regelmäßige Auszeiten vom Dahinmeinen

Seit einem Jahr widmet sich „Die Presse“ noch stärker dem Thema Bildung. Ein besonderes Anliegen sind uns die Lehrer. Ob sie wollen oder nicht.

Die Überlegungen, den Bildungsteil der „Presse“ noch weiter auszubauen, gab es schon länger. Als sich aber im Dezember 2010 die Vorabdebatte über die anstehende Veröffentlichung der jüngsten PISA-Ergebnisse verdichtete, entschlossen wir uns, sofort zu handeln: Das Platzangebot in der Montag-Ausgabe wurde auf vier Seiten verdoppelt, es entstand ein eigener Teil in der Zeitung, den wir „Buch“ nennen. Vor allem aber entstand eine Onlineplattform für Lehrerinnen und Lehrer: „Lehrer.DiePresse.com“.

Es ist und bleibt die feste Überzeugung dieser Zeitung und ihrer Bildungsredaktion, dass jede Debatte über inhaltliche und organisatorische Änderungen im Bereich der Schule nicht sinnvoll ist, wenn nicht zwei Aspekte im Mittelpunkt dieser Debatte stehen. Die jungen Menschen, um deren Bildung und Ausbildung es geht, und die Lehrerinnen und Lehrer, denen wir sie anvertrauen. Die Lehrer sind uns also ein besonderes Anliegen, ob sie wollen oder nicht.

Derzeit habe ich den Eindruck, dass sie eher nicht wollen, weil ihnen die Solidarität mit Beamtengewerkschafter Fritz Neugebauer wichtiger erscheint als das Thema Schule. Hätte ich einen Bruchteil der Mails, die derzeit wohlorganisiert meinen Mailaccount verstopfen, zu einem inhaltlichen Thema erhalten, Sie könnten sich mein Glück kaum vorstellen. Aber was soll's: Die Lehrer haben es nicht leicht mit uns und wir nicht mit den Lehrern. Schule und Medien, das sind zwei Großherzogtümer des Klischees, man muss sich nicht darüber wundern, dass da gelegentlich die Vorurteile aneinander vorbeiprallen.

Das Thema Bildung ist zudem eine Domäne des Dahinmeinens. Wie umfangreich auch immer das jeweilige Faktenwissen ist, der Meinungsstärke der Debattenteilnehmer tut das in der Regel keinen Abbruch. Im Gegenteil: Jeder war in der Schule, viele haben eine Universität besucht, etliche kennen den Bildungsbetrieb aufgrund der Erfahrungen mit den eigenen Kindern in seiner aktuellen Variante – es gibt in Österreich fast so viele Unterrichts- und Wissenschaftsminister wie Fußballnationaltrainer.


Uns ist durchaus bewusst, dass wir bei allem Bemühen, hier stärker die Bildungsrealität des Landes als unsere eigenen Meinungen abzubilden, an dieser Kultur einen nicht zu geringen Anteil haben. Und so haben wir uns entschlossen, in dieser kleinen Jubiläumsausgabe des „Forum Bildung“ zumindest unsererseits eine kleine Auszeit vom Dahinmeinen zu nehmen. Wir haben Akteure aus allen Ebenen des Betriebs, vom Ministerium bis zur Schule, gebeten, uns als Autoren zur Verfügung zu stehen. Schön, dass so viele diese Einladung angenommen haben.

E-Mails an: michael.fleischhacker@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2011)

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