Katholische Internate: "Es geht dem Ende zu"

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Zwölf statt einst 200 Internatsschüler rentieren sich für das oberösterreichische Stiftsgymnasium Kremsmünster nicht mehr. Auch die Ursulinen in Innsbruck lassen den Internatsbetrieb auslaufen.

Wien. „Es geht dem Ende zu“, sagt Rudolf Luftensteiner über die Zukunft der Internate. Der Sprecher der Superiorenkonferenz der katholischen Ordensgemeinschaften meint damit nicht nur das Internat des Stiftsgymnasiums Kremsmünster, das seinen Betrieb auslaufen lassen wird. Auch das Internat der Ursulinen in Innsbruck wird ab September keine neuen Schülerinnen mehr aufnehmen und den Betrieb auslaufen lassen.

„Das Internat ist insgesamt ein Auslaufmodell“, meint auch der Direktor des Stiftsgymnasiums Kremsmünster, Wolfgang Leberbauer. Derzeit wohnen in dem Internat noch zwölf Schüler. Wenn sie ihre Schulkarrieren abgeschlossen haben, wird das Internat geschlossen. Leberbauer schätzt, dass das in rund fünf Jahren der Fall sein wird. „Seit 1990 sinkt die Zahl der Internatsschüler kontinuierlich. Es gab schon mehrmals die Überlegung, das Internat zu schließen, da die Situation finanziell und personell nicht mehr tragbar ist“, so der Schuldirektor. Jetzt habe man sich dazu entschlossen, den Betrieb einzustellen. In den 1950er- und 1960er-Jahren – also in der Hochblüte der Internate – gab es in Kremsmünster etwa 200 Internatsschüler.

Tagesbetreuung statt Internat

Leberbauer sieht die Schließung des Internats aber nicht in den Missbrauchsvorwürfen begründet, die vor zwei Jahren aufkamen und bis in die 1980er zurückreichen. „Da sehe ich keinen Zusammenhang. Der Rückgang hat sich ja schon viel früher angekündigt.“ Dass die Nachfrage sinkt, führt er eher darauf zurück, dass Schulen heute wesentlich einfacher zu erreichen seien. Und dass Familien eben kleiner werden. „Da gibt man sein Kind nicht so schnell aus dem Haus.“ Hinzu komme, dass Internate mit dem Komfort, der Kindern zu Hause geboten wird, nur mehr schwer mithalten können. Anfragen gebe es dennoch vereinzelt – vorwiegend für Kinder mit „speziellem Förderbedarf. Da muss man aber vorsichtig sein.“

Für den Schuldirektor ist die Epoche der Internate definitiv vorbei. Die seit 1549 bestehende Schule hat sein Internat „erst“ 1804 eingeführt. Heute steige hingegen die Nachfrage nach intensiver Tagesbetreuung.

Auch die Ursulinen in Innsbruck werden ab September keine neuen Internatsschülerinnen mehr aufnehmen. Die derzeit dort lebenden 73 Schülerinnen sind somit die letzten Internatsbewohnerinnen. Danach sollen die Räumlichkeiten als ein Studentinnenheim genutzt werden. Rudolf Luftensteiner von der Superiorenkonferenz kritisiert, dass die Bundesländern die strauchelnden Internate nicht unterstützen. „Es gibt bei Schließungen zwar immer einen großen Aufschrei, aber niemand ist bereit, das zu finanzieren.“ Durch die steigenden Kosten für Personal und Instandhaltung werde es vor allem für sozial schwächere Familien – „für die es ja auch gedacht ist“ – immer schwieriger, sich den Aufenthalt zu leisten. 400 bis 500 Euro kostet ein katholisches Internat im Schnitt. „Dazu kommt noch das Schulgeld, da ist man schnell einmal bei 600 Euro.“ Wie viel (katholische) Internate es derzeit gibt, kann Luftensteiner nicht sagen. Nur so viel: „Wir sind dabei, die meisten zu schließen.“

Auch die Statistik Austria und das Bildungsministerium haben dazu kein Zahlenmaterial (mehr). Die letzte Zahl stammt von 1980 – mit 130.000 Internatsschülern.

Wartelisten im Ballettinternat

Es gibt aber auch Ausnahmen in Zeiten der Internatsschließungen. So kann sich das öffentlich geführte Internat des Bundesrealgymnasiums Boerhaavegasse in Wien Erdberg nicht über mangelnde Nachfrage beklagen. Die 130 Plätze sind stets belegt. Meist gibt es eine Warteliste mit rund 20 Schülern. Erziehungsleiterin Ulrike Weitzl erklärt sich den Andrang damit, dass andere Internate zusperren – „und dass wir einen Neubau haben“. 60 Prozent der Internatschülerinnen besuchen auch die Ballettklasse der Staatsoper. Die Hälfte stammt aufgrund des Ballettschwerpunkts aus dem Ausland.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.02.2012)

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