Zentralmatura: Zu viele Fünfer sorgen für Aufregung

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Kärntner Lehrer dürften bislang nach einem rechtswidrigen Notenschlüssel beurteilt haben. Durch die strengere Beurteilungsmethode sollten Schüler auf die zentrale Reifeprüfung vorbereitet werden.

Wien/J.n./Thea. Der Wirbel um die Zentralmatura wird stetig größer. Nun haben es die Gegner der zentralen Reifeprüfung sogar auf das Titelblatt der „Kronen Zeitung“ geschafft. Die Schlagzeile: „Zu viele Fünfer: Lehrer müssen Noten ändern!“ Demnach verteilten Lehrer an einigen Kärntner Schulen bei Schularbeiten ungerechtfertigt viele Nicht genügend. Grund dafür soll ein falsch eingesetzter Benotungsschlüssel sein, der sich an den Vorgaben zur Zentralmatura orientiert.

Durch die strengere Beurteilungsmethode sollten Schüler auf die zentrale Reifeprüfung vorbereitet werden, die an den AHS bereits in zwei und an den BHS in drei Jahren das erste Mal stattfinden wird. Anstatt der bisher üblichen 50 Prozent, die es für ein Genügend zu erreichen galt, verteilten Kärntner Lehrer teilweise erst ab 60 Prozent richtiger Antworten positive Noten. Diese Vorgehensweise ist jedoch rechtswidrig. Wie das Unterrichtsministerium bestätigt hat, sind auch all jene Schulen, die am Schulversuch zur Zentralmatura teilnehmen, verpflichtet, Schularbeiten nach der geltenden Leistungsbeurteilungsverordnung zu beurteilen.

Dass sich Kärntner Lehrer nicht an die Vorgabe gehalten haben, sei Schuld des Bundesinstituts für Bildungsforschung (BIFIE), das die Zentralmatura für das Ministerium ausgearbeitet hat, sagt Rudolf Altersberger, Vizepräsident des Landesschulrates Kärnten, im Gespräch mit der „Presse“. Das BIFIE habe den neuen Notenschlüssel einfach an den Schulen verbreitet. Und: Das BIFIE habe eben „eine hohe Glaubwürdigkeit“, so Altersberger. Der Landesschulrat hat sich deshalb jetzt per Rundbrief an die Direktoren der höheren Schulen gewandt und sie dazu aufgefordert, den Notenschlüssel des BIFIE zu ignorieren.

Dass das BIFIE an den falschen Benotungen nicht völlig unbeteiligt ist, gesteht dieses auch ein: Denn obwohl die 60-Prozent-Regel bislang ausschließlich für den Schulversuch zur zentralen Fremdsprachen-Matura gilt, habe man den Schulen sehr wohl empfohlen, den neuen Notenschlüssel auch für Schularbeiten zu verwenden. Es habe sich dabei lediglich um eine Empfehlung gehandelt. Mehr könne das BIFIE auch nicht machen, sagt Gabriele Friedl-Lucyshyn, Leiterin des BIFIE-Zentrums Wien. In den Bereichen Deutsch und Mathematik ist überhaupt noch unklar, wie das Beurteilungsraster aussehen wird.

Dass diese neue Art der Beurteilung nun zu Problemen führe, sei damit zu begründen, dass die 60-Prozent-Regelung speziell auf die vom BIFIE ausgearbeiteten zentralen Prüfungsfragen abgestimmt wurde. „Wenn ein Lehrer eine eigene schwere Schularbeit zusammenstellt, können 60Prozent tatsächlich ein Problem sein“, sagt Friedl-Lucyshyn.

Übertriebener Wirbel

Wie viele Kärntner Schüler ungerechtfertigt negativ beurteilt wurden, ist noch unklar. Ursprünglich war noch von mehreren hundert Schülern die Rede, die sich eine bessere Note verdient hätten. Am Freitag relativierte Altersberger: Viele würden absichtlich „Wirbel“ um die neue Matura provozieren. Dies sei ein Versuch, Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) dazu zu bringen, den Start der Zentralmatura zu verschieben, so die Vermutung Altersbergers.

Das versuchten gestern, Freitag, auch Lehrer, Eltern und Schüler bei einem runden Tisch im Unterrichtsministerium. Doch: Schmied ließ weiter keine Zweifel daran, dass sie am geplanten Start im Jahr 2014 festhält. Sie nehme die Anregungen und Kritik der Schulpartner aber sehr ernst. Nach Einarbeitung aller Stellungnahmen soll die neue Reifeprüfungsverordnung nochmals „intensiv“ mit den Schulpartnergruppen besprochen werden.

Auf einen Blick

Die Zentralmatura soll an den AHS erstmals ab 2014 stattfinden. Ein Jahr später folgen die BHS. Die Matura wird künftig aus drei Säulen bestehen. Neben dem teilweise zentral vorgegebenen schriftlichen Teil und dem von den Schulen gestalteten mündlichen Teil wird eine vorwissenschaftliche Arbeit (AHS) bzw. eine Diplomarbeit (BHS) zu verfassen sein. Beurteilt werden soll nach einem einheitlich vorgegebenen Raster.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2012)

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