Ein toter Lehrer – und 8,4 Millionen Verdächtige

toter Lehrer ndash Millionen
toter Lehrer ndash Millionen(c) APA (HERMINE SCHREIBERHUBER)
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Der gelernte (und praktizierende) Volksschullehrer Markus Hauptmann macht sich in "CSI Klassenzimmer" über seinen Berufsstand und dessen Nöte lustig. Und kommt leider doch nicht ganz ohne Zeigefinger aus.

Wien. Montag, dreiviertel acht in einer Neuen Mittelschule in Wien. Der Lehrer Obermeier liegt tot in seiner Klasse. Erschlagen – mit einem Tafelgeodreieck vermutlich. Lehrerbashing in Vollendung sozusagen. Während der Schulwart die Fotos der Leiche auf Facebook platziert, sind Kommissar Markus Hauptmann und sein Kollege Georg Huber am Zug. Wer hat den Obermeier auf dem Gewissen? Keine einfache Frage, wie die beiden konstatieren, denn: Beim Mord an einem österreichischen Lehrer gibt es 8,4 Millionen Verdächtige.

Die Schule, im Besonderen die Lehrer als Kabarettstoff, das ist nicht neu. Dass Hauptmann, der seit gut zehn Jahren in der Wiener Kabarettszene unterwegs ist, nicht nur gelernter, sondern auch praktizierender (Volksschul-)Lehrer ist, ist allerdings erfrischend. Denn auch, wenn er demotivierte Kollegen demaskiert, die sich beim Ruf nach Supplierwilligen in der Papierlade des Kopierers (jawohl!) verstecken, oder die Lehrerin, die um halb acht Uhr morgens heimlich Wodka in ihr Schulmilchpackerl kippt – in das generelle Lamento über die faulen Lehrer stimmt er (naturgemäß) nicht ein. Und konstruiert stattdessen sogar den passionierten Lehrer Schober („I steh auf den Job.“), der sich mangels Respekts für seine Berufung von der Lebensgefährtin trennt. (Übrigens: Auch der ermordete Obermeier war einer von den Guten).

„Wo soll'n sie's denn lernen?“

Denn mehr als um die Lehrer geht es in „CSI Klassenzimmer“ um das Rundherum. Die schlechte Ausstattung der Schulen (Computer zu langsam, Turnsaal zu klein, und überhaupt!), die mindestens verbal-aggressiven Kids und ihre Eltern („Wenn ich früher die Eltern vorgeladen habe, haben sie zum Kind gesagt: Was ist da los? Erklär mir das! Heute sagen's das Gleiche – aber zu mir!“). Und woher das alles kommt: „Wo sollen sie's denn lernen? Was leb'ma ihnen denn vor?“, wie es in einer der von Huber am Klavier begleiteten Gesangseinlagen heißt. So nimmt sich Hauptmann auch dies und jenes vor, das eigentlich überhaupt nicht in den Krimi um den ermordeten Lehrer gehört – von der U-Bahn- bzw. „Untergrundzeitung“ über Ö3 und ATV, Schönheitschirurgie, die Politik im Allgemeinen und die Unschuldsvermutung im Speziellen.

Wie auch immer, Hauptmann und Huber lösen den Fall, Obermeier genießt das Leben nach dem Tod (oder besser gesagt „in den ewigen Sommerferien“). Und die beiden schenken dem Publikum tiefe Einblicke in das österreichische Schulsystem. Nur manchmal, da gerät das Kabarett allzusehr zum Plädoyer für den Berufsstand.

Beispielsweise, wenn es darum geht, warum denn die Lehrer nicht den ganzen Tag in der Schule bleiben („Tät ma eh! Aber dann gebt's uns Arbeitsplätze, die größer sind als 20 Quadratzentimeter!“). Und der Schluss wird überhaupt zum (allzu oft vernommenen) Appell: Raus mit der (Partei-)Politik aus der Bildung, her mit echten Reformen. „Ich weiß, das riecht nach Zeigefinger“, so Hauptmann. „Aber ich bin Lehrer, ich darf das.“ Und, recht hat er natürlich auch.

Veranstaltung

CSI Klassenzimmer. Markus Hauptmann und Georg Huber spielen ihr Kabarettprogramm noch länger. Nächster (nicht ausverkaufter) Termin ist am 16.Mai in der Kulisse Wien. Dann erst wieder im September: 14.(Gruam), 17.(Orpheum) und 23.(Kulisse). Mehr Informationen und Termine unter markushauptmann.com.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2012)

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