Junglehrer müssen ab 2013/14 länger in Schulen bleiben

(c) Clemens Fabry
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Regierungsparteien SPÖ und ÖVP machen beim Dienstrecht und bei der Umstellung der Bezahlung für Lehrer Ernst. Gewerkschaftschef Kimberger lehnt mehr Arbeitszeit ab und stellt Bedingung für längere Anwesenheit.

Wien/Linz. Nach drei Jahre langem Zögern packen SPÖ und ÖVP in der Regierung jetzt gemeinsam eine Änderung des Gehalts- und Dienstrechts für neu eintretende Lehrer an. Nach übereinstimmenden Informationen der „Presse“ aus den Ressorts Unterricht, öffentlicher Dienst und Finanzen ist das Verhandlertrio auf Regierungsseite – Unterrichtsministerin Claudia Schmied, Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (beide SPÖ) und Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) – einig, dass Junglehrer ab dem Schuljahr 2013/14 länger in der Schule anwesend sein müssen.

Coaching und Ganztagsbetreuung

Allerdings nicht unbedingt wegen mehr Unterricht in der Klasse, sondern für weitere Tätigkeiten – von der Anwesenheit bei der Ganztagsbetreuung bis hin zur Coaching-Funktion für Schüler. Letztere wird deutlich zunehmen, wenn ab dem kommenden Schuljahr schrittweise der Umstieg auf die Oberstufenreform erfolgt.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Pflichtschullehrer, Paul Kimberger, zeigt sich im Gespräch mit der „Presse“ erfreut, dass das Thema nun tatsächlich in Angriff genommen wird: „Bisher war der Wille nicht da.“ Er stößt sich allerdings an den Begleitumständen: „Gleich von der Regierung ausgerichtet zu bekommen: Wir machen das nur mit einer Arbeitszeiterhöhung, halte ich für unklug.“ Eine längere Arbeitszeit in Form von Unterricht „kann ich mir in keiner Weise vorstellen“.

Klarheit bis zum Sommer

Die drei für die Regierung verhandelnden Ministerinnen sind sich einig, dass die seit Ex-Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) dahingeschleppte Diskussion über ein Besoldungsreform bis zum heurigen Sommer politisch mit den Lehrergewerkschaftern unter Dach und Fach gebracht werden soll. Damit wäre sichergestellt, dass das neue System ab dem Schuljahr 2013/14 für alle neue Pädagogen gilt.

Was das Gehalt und die Abgeltung betrifft, so hat die Regierung mehrere Varianten durchgerechnet. Sie lässt sich jedoch für die Verhandlungen mit der Lehrergewerkschaft einen gewissen Spielraum offen. Der Zeitdruck ist bereits groß, weil in den kommenden Jahren noch tausende Lehrer in Pension gehen werden.

Fixpunkt ist, dass die Regierung vom bisherigen Besoldungsschema, das auf dem jetzigen 50-Minuten-Schulstunden-System aufbaut, abgeht: Das Gehalt wird verstärkt auf die jeweils vom Lehrer übernommene Funktion beziehungsweise seine Aufgabe ausgerichtet sein. Außer Streit steht weiters, dass das Einstiegsgehalt für Lehrer bei der Neuanstellung höher sein wird – um wie viel genau, hält das Ministerinnen-Trio für die Verhandlungen offen, ebenso wie die künftigen Kosten und die Gesamtsumme.

Das erwartet sich Lehrervertreter Kimberger nun aber in den Gesprächen: „Ich hoffe, dass die Regierung endlich bereit ist zu sagen: Wie viel Geld nehmen wir in die Hand.“ Was die längere Anwesenheit in der Schule betrifft, so stellt er die Bedingung: Wenn jeder der 70.000 Pflichtschullehrer einen gut ausgestatteten, eigenen Platz in der Schule für sich habe, „dann können wir darüber reden“. Sonst könne er sich das hingegen „nicht vorstellen“.

Gewerkschafter gegen Zeitdruck

Einigkeit besteht zwischen den drei Ministerinnen darin, dass die längere Anwesenheit der neu eingestellten Lehrer in der Schule nicht zur Gänze abgegolten wird, sondern die Pädagogen einen Teil der Mehrkosten tragen müssen. Finanzministerin Fekter hält an ihrem Plan fest, dass bei 30Prozent längerer Anwesenheit nur 20Prozent abgegolten werden sollen. Der Staat als Arbeitgeber spart jedenfalls Kosten, weil Junglehrer im Vergleich deutlich „billiger“ sind als Pädagogen vor der Pension.

Ein politisch wesentlicher Unterschied zum gescheiterten Anlauf Schmieds 2009 für zwei Stunden mehr Unterricht ist, dass SPÖ und ÖVP nun bei der Reform an einem Strang ziehen. Schmied hat im ORF-Radio angeregt, das Vorhaben bei einer Klausur mit der Gewerkschaft fertigzustellen. Für Kimberger ist die Qualität bei einem attraktiven Dienst- und Gehaltsschema für die Lehrer vorrangig: „Wir werden uns da nicht unter Zeitdruck bringen lassen.“

Neugebauer verhandelt mit

Neu ist, dass bei den Verhandlungen nicht nur Lehrergewerkschafter mit am Tisch sitzen werden, sondern auch der Chef der Beamtengewerkschaft, Fritz Neugebauer. Der Grund ist: Die Beamtengewerkschaft ist in allen Gehaltsfragen Verhandlungspartner des Kanzleramts, also von Ministerin Heinisch-Hosek. Aufseiten der Lehrer soll der von Anfang an in die Beratungen eingebundene Ex-Vorsitzende der Pflichtschullehrergewerkschaft, Walter Riegler, weiter im Verhandlungsteam sein.

Auf einen Blick

Dienstrecht und Besoldung. Der in der Regierung abgeklärte Plan sieht vor, dass für alle ab dem Schuljahr 2013/14 neu in den Dienst eintretenden Junglehrer die Änderung gilt: höhere Einstiegsgehälter, später flachere Gehaltskurve. Außerdem sollen Lehrer künftig länger in der Schule anwesend sein, um Schüler speziell am Nachmittag verstärkt zu unterstützen. Erklärtes Ziel der Regierung ist nun ein Abschluss der Verhandlungen mit den Lehrergewerkschaftern bis Mitte 2012.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2012)

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