Plagiat? Uni Wien lässt Hahn-Diss noch einmal prüfen

Plagiatsdebatte Wien laesst HahnDiss
Plagiatsdebatte Wien laesst HahnDiss(c) EPA (OLIVIER HOSLET)
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Wegen neuer Fakten soll ein Gutachter im Auftrag der Universität Wien nun die komplette Dissertation untersuchen.

[WIEN] Der mögliche Plagiatsfall Johannes Hahn ist doch noch nicht ausgestanden: Wie am Montagabend bekannt wurde, sucht die Uni Wien – Hahns Alma Mater – nun einen zweiten Gutachter zu Hahns Dissertation im Fach Philosophie über „Die Perspektiven der Philosophie heute dargestellt am Phänomen Stadt“ (1987). Schon einmal hat die Uni die Arbeit des nunmehrigen EU-Kommissars für Regionalpolitik und einstigen ÖVP-Wissenschaftsministers von einem Gutachter prüfen lassen – allerdings nur auszugsweise, nachdem dem österreichischen Plagiatsjäger Stefan Weber 2007  – ebenfalls nur in Teilen der Dissertation – „schlampiges“ wissenschaftliches Arbeiten Hahns aufgefallen war.

Während der damalige Gutachter Peter Schulthess (Uni Zürich) in den Stichproben zwar Unregelmäßigkeiten (etwa beim Zitieren/Belegen), nicht aber ein Plagiat festgestellt hatte, begründet die Uni Wien das gewünschte zweite Gutachten nun mit neuen Fakten: Studienpräses Brigitte Kopp bzw. ihr Team hätten Hahns Arbeit in den Vorwochen selber genau unter die Lupe genommen – und zwar alle 282 Seiten, so eine Uni-Sprecherin zur „Presse“. Die Stellen, die bereits von Schulthess untersucht worden sind, seien wohl wissenschaftlich vertretbar; von anderen Stellen könne man dies aber nicht automatisch annehmen, so die Sprecherin. Daher wolle man dies untersuchen lassen, man sei nun – auch in Folge der Guttenberg-Plagiatsaffäre in  Deutschland – um „maximale Transparenz“ auch im Fall Hahn bemüht.



„Wenn Tatsachen bekannt werden, die möglich erscheinen lassen, dass die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis nicht eingehalten werden, wird eine Prüfung eingeleitet. Dies gilt für jede wissenschaftliche Arbeit, egal wer sie geschrieben hat“, so Studienpräses Kopp laut einer Presseaussendung der Uni anlässlich des Falls des EU-Kommissars, Ex-Ministers und Ex-ÖVP-Wien-Obmanns.

Die Uni Wien hat konkret die Österreichische Agentur für wissenschaftliche Integrität beauftragt, einen Gutachter (voraussichtlich einer ausländischen Uni) zu vermitteln, der die Arbeit Hahns von A bis Z auf Wissenschaftlichkeit prüfen soll. In vier bis sechs Wochen werde es Ergebnisse geben, so die Uni.

Unterdessen läuft die (einst private) Untersuchung durch Weber weiter: Er prüft die Dissertation nun im Auftrag der Grünen ebenfalls ein zweites Mal und umfassend.

Auch Untersuchung für Grüne geht weiter

Begleitet wird dies durch eine Online-Überprüfung der Arbeit auf „AntiPlagAustria“, an der sich jeder beteiligen kann. Bisher wollen User Auffälligkeiten beim Zitieren/Belegen auf zwölf Seiten der Hahn-Arbeit festgestellt haben. Gründer des „AntiPlag“ ist u. a. der Wiener Philosophieprofessor Herbert Hrachovec.

Hahn selbst hatte bereits der „Presse“ gesagt, neue Untersuchungen sähe er „sehr gelassen“. – „Da wird das Gleiche herauskommen wie beim Gutachten (Schulthess', Anm.) 2007.“ Also: kein Plagiat, keine Konsequenzen. Läge ein Plagiat vor, könnte ihm die Universität Wien den Doktortitel aberkennen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19. 4. 2011)

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