Science Busters: "Wir verblödeln Wissenschaft ja nicht"

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Physiker Werner Gruber will kein Kabarettist sein. Die Frage nach dem Gehen über glühende Kohlen sei aber interessanter als die klassische Wärmelehre.

Die Presse: Sie sind mit den Science Busters durchaus erfolgreich. Muss man die Wissenschaft verblödeln, um sie einer breiten Masse zugänglich zu machen?

Werner Gruber: Wir verblödeln die Wissenschaft ja nicht. Mein Kollege Martin Puntigam mimt zwar einen übertrieben komischen Prolo, der Fragen stellt, die absurd klingen. Im Endeffekt sind das aber genau die Fragen, die in der Bevölkerung immer wieder aufkommen. Und Kollege Heinz Oberhummer und ich geben Antworten darauf. Im Vordergrund der Show steht also nicht der Witz, sondern das Wissen.

Schlägt der Witz eine Brücke für die Wissenschaft?

Der Witz hat einen großen Vorteil: Er bringt die Leute dazu zuzuhören. Er lockert das Ganze auf. Kollege Oberhummer und ich wurden stets gefragt, wie wir uns als Kabarettisten fühlen. Wir sind aber keine Kabarettisten. Wir sind Physiker. Der Einzige von uns dreien, der lustig sein muss, ist Herr Puntigam.

Glauben Sie, dass die breite Masse für Naturwissenschaften empfänglich ist, wenn diese auf einfache Art vermittelt wird?

Jede Information sollte so vermittelt werden, dass der Empfänger sie versteht. Wenn ich mir heute beispielsweise die Börsennachrichten anhöre, dann muss ich ganz ehrlich sagen: Ich verstehe nichts davon. Aber der Punkt ist: Die Börsennachrichten sind für mich vollkommen egal. Sie haben keine Bedeutung für mich. Im Gegensatz zu den Naturwissenschaften, denn sie betreffen uns alle.

Genau mit dem Argument wenden sich viele von den Naturwissenschaften ab. Sie glauben, dass sie das Ganze nicht betrifft.

Das stimmt aber nicht. Viele wissen einfach nicht, was die Naturwissenschaften sind. Auch wenn man sich ein Wiener Schnitzel macht, hat das etwas mit Naturwissenschaften zu tun. Genau da liegt das Problem. Denn in den Schulen werden vermehrt theoretische Dinge vermittelt, die praktisch aber kein Mensch auch nur irgendwie brauchen kann. In der Unterstufe werden etwa ein halbes Jahr lang der Seilzug und die Hebelwirkung durchgenommen. Sagen Sie mir: Wann haben Sie das letzte Mal einen Seilzug bedient? Wahrscheinlich kein einziges Mal in Ihrem Leben.

Wie soll ein moderner Naturwissenschaftsunterricht aussehen?

Nehmen wir die Wärmelehre her: Sie ist für Schüler echt fad. Sie ist selbst für mich fad. Ich habe diesen Bereich mit Schülern anhand interessanter Themen abgearbeitet. Warum können Menschen über glühende Kohlen gehen? Wie überlebt man in der Wüste? Und wie in der Eiswüste? Auf einmal sind die Schüler hoch motiviert. Es ist zwar nicht ihre Lebenswelt, aber es ist ihre Comic- und Fernsehwelt. Als Lehrer muss ich mich ganz einfach darauf einlassen, einmal von den klassischen Lehrbuchbeispielen wegzugehen.

Ist diese Art der Didaktik bereits in den Schulen angekommen?

Ich habe das Ganze ja nicht erfunden. Es gab schon vor 20 Jahren Lehrer, die das so gemacht haben. Es gibt ganz tolle Physiklehrer, die einen tollen Unterricht gestalten. Wir haben eben das Problem, dass viele Physiklehrer zu wenige Physikstunden an der Universität genossen haben.

Wussten Sie schon immer, dass Sie Physiker werden wollen?

Für mich war im sechsten Lebensjahr klar: entweder Naturwissenschaften oder Medizin. Die endgültige Entscheidung habe ich dann während meiner Zeit beim Bundesheer getroffen. Und mit der Neurophysik bin ich ja auch ein bisschen im Bereich der Medizin unterwegs.

Wissen Sie noch, was genau Ihr Interesse geweckt hat?

Meine ersten Bücher waren „Die kleine Hexe“ und „Der kleine Schneemann“, und schon das dritte Buch hieß „Weltraumtechnik heute und morgen“. Meine Eltern haben dann gesehen, dass ich mich dafür interessiere, und haben dann viele „Was ist was?“-Bücher gekauft.

Waren auch Ihre Eltern naturwissenschaftlich interessiert?

Mein Vater ist gelernter Elektromeister und hat sich natürlich dafür interessiert, aber ich war der erste Akademiker in der Familie.

Naturwissenschaften sind bei Buben beliebter als bei Mädchen. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Natürlich ist hier vieles gesellschaftliche geprägt. Aber: Nicht in allen Ländern sind Naturwissenschaften bei Buben beliebter als bei Mädchen. Bis zu einem gewissen Grad kann man das Ganze beeinflussen.

ZUR PERSON

Werner Gruber (43) ist Physiker am Institut für Experimentalphysik der Uni Wien. Bekannt wurde Gruber durch seine Auftritte mit den Science Busters. Gemeinsam mit dem Physiker Heinz Oberhummer und dem Kabarettisten Martin Puntigam gestaltet er die Kabarettserie, die auch im ORF zu sehen war. Gruber wuchs in Oberösterreich auf und leitet seit 2013 das Planetarium Wien, die Kuffner-Sternwarte sowie die Urania-Sternwarte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2014)

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