Vereinfachtes Modell: Mehr Geld für die Familienbeihilfe

(c) Clemens Fabry
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Niemand werde im neuem System finanziell verlieren, verspricht der Familienminister Reinhold Mitterlehner. An Volljährige in Ausbildung soll die Familienbeihilfe direkt ausgezahlt werden können.

Wien/UW. Die ÖVP feilt in Hinblick auf den Wahlkampf an ihrem Ruf als Familienpartei: Erst forderte die Finanzministerin einen Steuerfreibetrag von 7000 Euro pro Kind. Nun zieht Wirtschafts- und Familienminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) nach. Am Montag präsentierte er seine Pläne für eine Vereinfachung der Familienbeihilfe sowie für deren Direktauszahlung an Volljährige in Ausbildung.

Das jetzige System sei zu unübersichtlich, sagt Mitterlehner – nicht zu Unrecht (s. Grafik): Die Beihilfe wird derzeit nach vier Altersstufen gestaffelt sowie nach der Anzahl der Kinder: Auch hier gibt es wiederum vier Stufen, ab zwei Kindern wird für jedes der Kinder ein Zuschlag gezahlt. Dazu kommen der Zuschlag für Kinder mit Behinderung, der Mehrkindzuschlag für das dritte und jedes weitere Kind (wobei das Familieneinkommen nicht 55.000 Euro überschreiten darf), das Schulstartgeld sowie der Kinderabsetzbetrag, der mit der Familienbeihilfe ausbezahlt wird. Im neuen Modell werden die letzteren drei Förderungen ersatzlos gestrichen. Dafür werden die verbliebenen erhöht – z.B. der Zuschlag für behinderte Kinder von 138,30 Euro auf 150 Euro pro Monat. Die Altersstaffel wird es außerdem nur mehr in drei Stufen geben, die Geschwisterstaffel nur mehr in zwei. Man habe sämtliche Beispiele durchgerechnet, sagt Mitterlehner. Keine Familie werde finanziell verlieren, profitieren würden vor allem jene mit Kleinkindern und Familien mit mehreren älteren Kindern.

FLAF-Entschuldung: Bitte warten

Was die Finanzierung betrifft: Die Gesamtkosten betragen 4,49 Mrd. Euro, das ist ein Mehraufwand von 198 Mio. Euro. Jedoch sind 174 Mio. davon bereits budgetiert. Durch die „Rekordbeschäftigung“ habe der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) mehr Spielraum, sagt Mitterlehner, denn der FLAF finanziert sich vor allem durch Arbeitgeberbeiträge. Die FLAF-Entschuldung (derzeit: circa 3,6 Mrd. Schulden) würde sich durch das neue Modell von 2018 auf 2019 verschieben. Sollte es Einbrüche auf dem Arbeitsmarkt geben, kämen ein, zwei Jahre dazu, so der Minister.

Noch im Sommer hat Mitterlehner die rasche Entschuldung des FLAF als Voraussetzung für eine Erhöhung der Beihilfe bezeichnet. Was auch überrascht: Als vor einigen Monaten die SPÖ-Frauenministerin, die Arbeiterkammer und die Industriellenvereinigung eine Erhöhung der Familienbeihilfe (jedoch bei gleichzeitiger Streichung der steuerlichen Begünstigungen) forderten, zeigte sich Mitterlehner wenig begeistert. Rund um das Konsolidierungspaket habe es „stimmungsmäßig“ eben keinen Spielraum für eine Reform gegeben, sagt er nun. Außerdem unterscheide sich das ÖVP-Familienbeihilfenmodell – Stichwort: Unterstützung von Mehrkindfamilien – vom Konzept der IV und der AK.

Während über einen Großteil der ÖVP-Pläne mit dem SPÖ-Sozialminister noch verhandelt werden muss, ist die Direktauszahlung der Familienbeihilfe an Volljährige in Ausbildung ab 1.9. 2013 akkordiert. Künftig wird das Geld direkt an Studenten oder volljährige Lehrlinge ausbezahlt, sofern die Eltern zustimmen. Fix ist auch eine kleine Adaptierung des Kinderbetreuungsgeldes: Der Wechsel zwischen den Modellen soll einfacher werden. Noch offen ist dagegen, ob mittelfristig eine zweijährige Indexierung (Anpassung) der Familienbeihilfe zustande kommt. Derzeit gibt es so etwas nicht.

Von den anderen Parteien kommt verhaltenes Lob. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, die gerade eine Väterkarenz-Kampagne startet, fehlt der Ausbau der Kinderbetreuung. Norbert Neuwirth, Ökonom beim Österreichischen Institut für Familienforschung, sagt im „Presse“-Gespräch: Direktauszahlung und Valorisierung seien ohnehin alte Forderungen. Bei den Zuschlägen für mehrere Kinder, sagt Neuwirth, hätte man die Mittel (z. B. über eine Einkommensgrenze) auch auf armutsgefährdete Familien fokussieren können – „aber das ist eben eine politische Entscheidung“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2012)

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