Anleitung für die Happy Family

Anleitung fuer Happy Family
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In seinem neuen Buch fragt Bestsellerautor Bruce Feiler, wie man zu einer glücklichen Familie wird. Mit etwas anderen Zugängen.

Alle glücklichen Familien sind einander ähnlich; aber jede unglückliche Familie ist auf ihre besondere Art unglücklich“ – Tolstois Worte aus „Anna Karenina“ haben schon unzählige Buchautoren, Familientherapeuten und Lebenshilfeexperten dazu animiert, diese Glücksformel zu suchen. Nicht zuletzt Tolstoi selbst hat bis an sein Lebensende auf die Existenz des berühmten „grünen Stöckleins“ gehofft, von dem sein Bruder behauptete, darauf seien alle Wörter geschrieben, die man wissen müsse, damit alle Menschen glücklich werden. Als Jüngster in die Reihe der Suchenden hat sich jetzt der amerikanische Bestsellerautor Bruce Feiler mit seinem Buch „The Secrets of Happy Families“ eingereiht.

Aber anders als viele seiner Vorgänger sucht Feiler das Rezept nicht in Ideologie, Kultur oder Religion. „Ich habe Familien auf die Dinge heruntergebrochen, die wir alle tun – lieben, streiten, essen, spielen, Spaß haben, Geld ausgeben und lebenswichtige Entscheidungen treffen – und versucht, Wege zu finden, die Dinge besser zu machen.“ Und für jedes Einzelne dieser Dinge hat sich der verheiratete Vater zweier Töchter Rat von Fachleuten geholt, die sonst eher nicht auf der Liste der Ratgeberautoren stehen: von Teamleitern aus dem Silicon Valley und dem persönlichen Banker von Warren Buffet bis zu Haubenköchen, Spieleentwicklern und den Schauspielern der Serie „Modern Family“.

So legt Feiler die Erkenntnisse der agilen Softwareentwicklung auf die Familie um, führt Flipcharts, Checklisten und feste Aufgaben für jedes „Teammitglied“ ein und versammelt alle jeden Sonntag zum wöchentlichen Jour fix, an dem besprochen wird, was man in der vergangenen Woche als Familie wie gut gemeistert hat.


Heilige Kuh Abendessen. Mit zunächst zögerlichem, dann aber durchschlagendem Erfolg, der vor allem auf der Begeisterungsfähigkeit der Kinder für das Abhaken von Checklisten und dem Übernehmen von Verantwortung beruht – was der neunjährige „Teamleader Gästebegrüßung“ eindrucksvoll beim nächsten Thanksgiving-Fest unter Beweis stellt. Die heilige Kuh des gemeinsamen Abendessens schlachtet der Autor im zweiten Kapitel: Mit einem Chefkoch – der eines Tages daheim sein persönliches Waterloo erleben muss, als er im Mistkübel ein leeres McDonald's-Sackerl findet – entwickelt er Konzepte, um gemeinsame Mahlzeiten sinnvoll in das dritte Jahrtausend mit seinen Terminen und Unregelmäßigkeiten zu transformieren. Daneben beschäftigt sich etwa ein Team von Nahost-Verhandlungsspezialisten mit der Streitfrage der Eheleute Feiler, ob zum Kindergeburtstag Pizza oder Brezeln gereicht werden.

Auch das Heim wird bei der Suche nach den Geheimnissen der glücklichen Familie nicht ausgeklammert: Nach den Regeln des Designers und Berkeley-Professors Christopher Alexander werden Zonen für unterschiedliche Bedürfnisse und Familienmitglieder geschaffen. Auch die Ergebnisse einer Studie, dass Menschen, die auf harten Holzsesseln sitzen, deutlich unnachgiebiger sind als solche auf einem weichen, gepolsterten Sitzmöbel, fließen in den Selbstversuch der Familie ein.

So handfest und umsetzbar einige Ideen in den „Secrets of Happy Families“ sind, andere Kapitel, wie etwa zum Thema „Family Branding“, in denen Feiler das gemeinsame Erarbeiten eines Familienmottos propagiert, sind für den gelernten Mitteleuropäer eher schwer erträglich. Und auch sein Zugang zum Thema Aufklärung mag für das prüde Amerika mutige Ansätze enthalten, die hierzulande seit den 1970er-Jahren aber eher zum Standard gehören – wobei der Rat „Lebe Sexualität auch in Anwesenheit deiner Kinder“ durchaus auch in Wien für Diskussionen sorgen kann.


Lachen über sich selbst. Dessenungeachtet findet sich fast jeder irgendwo wieder, egal, wie die eigene Familienkonstellation aussieht. Und kann dabei immer wieder wahlweise über sich selbst oder die Feiler'schen Familienmitglieder lachen – was schon mal ein guter Anfang zum Glücklichsein ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2013)

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