Österreichs Familien: Mutter, Vater – und kein Kind

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Wie leben Österreichs Familien 2013? Immer häufiger ohne Kind, nach wie vor gerne in Partnerschaft, aber eher ohne Trauschein. Und trotzdem immer häufiger ganz allein.

Wien. Mutter, Vater, Kind? Einmal, zweimal oder nicht verheiratet? Als buntes Patchwork? „Familie“, so sagte es die zuständige Ministerin Sophie Karmasin (ÖVP) kürzlich, „ist dort, wo sich Menschen wohlfühlen“. Im Duden steht, es sei die Gemeinschaft aus Ehepaar und mindestens einem Kind. Aber auch die Gruppe der nächsten Verwandten, die Sippe. Wie und wer in Österreichs Familien aktuell zusammenlebt, das hat die Statistik Austria nun anhand der Daten des Mikrozensus erhoben.

1. Wer zählt in Österreich – laut Statistik – eigentlich zur Familie?

So eng wie der Duden sehen die Statistiker „Familie“ nicht, einen Trauschein braucht man heute nicht, Kinder auch nicht, um Familie zu sein. „In einer Familie lebt jeder, der nicht allein wohnt, aber auch nicht lose zusammengewürfelt in einer WG“, erklärt Demografin Regina Fuchs von der Statistik Austria. Jeder, der mit Partner oder Verwandten lebt, gilt als Familie: Onkel mit Neffen genauso wie das kinder- und trauscheinlose Paar oder die Alleinerzieherin mit Kind. Gleichgeschlechtliche Paare aber gelten in der Erhebung „Lebensformen 2013“ nicht als Familien. Das, sagt Fuchs, habe rein technische und datenschutzrechtliche Gründe: Die sexuelle Orientierung abzufragen sei problematisch. Die Zahl homosexueller Paare sei im Sample aber so gering, dass sie das Ergebnis kaum beeinflusse.

2. Wie leben Österreichs Familien heute zusammen?

Mutter, Vater – und kein Kind. Das ist der klarste Trend, den die Demografen beobachten. 2013 gab es in Österreich 2,35 Mio. Familien, 40 Prozent davon ohne Kinder unter 15 Jahren im Haushalt. 1985 lag diese Quote bei gut 30 Prozent. In Summe ist die Zahl der Familien (Definition Familie siehe Punkt 1) seither um 15 Prozent gestiegen, die Zahl derer mit Kind gesamt blieb mit aber 1,4 Mio. konstant, nur die Zahl der Haushalte, in denen unter 15-Jährige leben, hat sich markant verringert. Ganz im Gegensatz zur Zahl kinderloser Familien: Sie wuchs um 45 Prozent auf 949.000. Die Zahl der Kinder pro Familie blieb indes fast unverändert: 2013 waren es statistisch 1,64 Kinder.

3. Warum leben immer seltener Kinder in Familien?

Das liegt nicht bloß an später Mutterschaft, an Karrieredruck, an Massen an Single-Frauen, die sich gegen Mutterschaft entscheiden. Sondern vor allem an der Alterung. Die Zahl der Paare, deren Kinder den Haushalt schon verlassen haben, steigt. Bei Frauen im Alter von 55 und 74 ist das Leben in Partnerschaft aber ohne Kind im Haushalt die beliebteste Lebensform, bei Männern – die statistisch von ihren Frauen eher überlebt werden, die dafür aber später Väter werden – herrscht diese Lebensform von 60 bis 89 Jahren vor.

4. Bleiben Ehe und Partnerschaft also doch beliebteste Lebensform?

Allen Unkenrufen zum Trotz, das Leben in Partnerschaft dominiert: Die Zahl der Ehepaare hat sich über den Zeitraum von knapp 30 Jahren fast konstant entwickelt und stand voriges Jahr im Schnitt bei 1,705 Mio. Stellt man dieser Stagnation aber den Bevölkerungszuwachs gegenüber, leben anteilsmäßig freilich heute weniger Österreicher in Ehen. In Partnerschaften aber wohl: Die Zahl der Lebensgemeinschaften hat sich auf 353.000 fast verfünffacht. Bei Alleinerziehern handelt es sich nach wie vor überwiegend um Frauen: 104.000 Mütter mit Kindern unter 15 standen 9000 alleinerziehenden Vätern gegenüber.

5. Und wie ist das mit der Singlequote und Vereinzelung? Also alles Lüge?

Auch nicht. Die Zahl der Lebensgemeinschaften steigt, die der Singlehaushalte auch. Und zwar deutlich, wie aus den jüngsten Zahlen hervorgeht: Die Zahl der Privathaushalte ist in 28 Jahren um 32 Prozent auf 3,705 Millionen gestiegen, die Zahl der Mehrpersonen-Haushalte darunter um 15 Prozent, die Zahl der Einpersonen-Haushalte um 77 Prozent. Hinter gut jeder dritten (36 Prozent) der Haus- und Wohnungstüren Österreichs lebt heute also nur eine Person. 1985 traf das auf 27 Prozent der Haushalte zu. Das, so sagt Statistikerin Fuchs, liege ebenfalls zu einem guten Teil an der Alterung: Nach Altersgruppen betrachtet ist die „Singlequote“ bei Frauen zwischen 70 und 74 am höchsten, ab 74 ist das Alleinleben heute die am stärksten verbreitete Lebensform.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2014)

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