Scheidung: Familienrichter fordern von Minister neues Eherecht

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Verschulden soll laut den Richtern keine Rolle mehr spielen. Ein neues Unterhaltsmodell wird präsentiert.

Wien. Von der Frage, wer an der Scheidung schuld ist, kann momentan abhängen, ob jemand viel, wenig oder gar keinen Unterhalt erhält. Die Familienrichter fordern von Justizminister Wolfgang Brandstetter aber, das Verschuldensprinzip abzuschaffen. Beim Familienrichtertag, der Donnerstag und Freitag in Salzburg stattfindet, wird stattdessen ein neues Unterhaltsmodell vorgestellt.

„Familienrichter müssen eine ungeheure Intuition haben, um herauszufinden, was in einer Ehe wirklich passiert ist“, sagt Doris Täubel-Weinreich, Vorsitzende der Familienrichter zur momentanen Rechtslage. Gemeinsame Freunde des Paares würden sich vor einer Aussage drücken, Verwandte zugunsten ihres Familienmitglieds aussagen. Meist liege der Grund für eine Scheidung aber ohnedies nicht nur im Verhalten eines Partners allein, sagt Täubel-Weinreich.

Die Familienrichter präferieren deswegen ein von Barbara Beclin, Assistenzprofessorin an der Uni Wien, ausgearbeitetes Modell. Laut diesem soll der Unterhalt grundsätzlich nur noch von der Dauer und der Gestaltung der Ehe (wer blieb zu Hause, wer arbeitete wie viel) abhängen. Das Verschulden würde nicht mehr geprüft werden. Lediglich „besonders schwer verletzende Demütigungen oder Kränkungen des Ehepartners“ sollen relevant sein, weil es dann ein Schmerzengeld gibt. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn jemand in einer gut funktionierenden Ehe „nur aus Jux und Tollerei Seitensprünge macht“, sagt Täubel-Weinreich im Gespräch mit der „Presse“.

Dass die Richter die Verschuldensscheidung nicht wollen, weil sie mit viel Arbeit verbunden ist, stimme nicht, sagt Täubel–Weinreich: Wenn wie bisher alle intimen Details erörtert werden müssen, sei das für die Eheleute „viel unangenehmer als für den Richter“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2014)

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