Privatbank: Die Kirche und ihr Kerngeschäft

Bankhaus Schelhammer & Schattera: „Wir verkaufen nicht an einen Oligarchen.“
Bankhaus Schelhammer & Schattera: „Wir verkaufen nicht an einen Oligarchen.“Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Die "Kirchenbank" Schelhammer & Schattera ohne Kirche? Das ist gut möglich: Der Mehrheitseigentümer, nämlich die Superiorenkonferenz, will seine Anteile verkaufen.

Die Goldschmiedgasse 3 in der Wiener Innenstadt. Die Fassade lässt nicht unbedingt darauf schließen, aber hier ist Tradition zu Hause: Das Bankhaus Schelhammer & Schattera ist Wiens älteste Privatbank. 1832 wurde sie von Carl Schelhammer und Eduard Schattera gegründet. Ein echtes Urgestein der Branche also.
Seit den 1950er-Jahren gehört die Bank mehrheitlich Institutionen der römisch-katholischen Kirche. Das hat sich so ergeben, weil die kleine, aber feine Bank in der Nachkriegszeit kirchliche Wiederaufbauanleihen begeben hat. Mittlerweile hält die Kirche 85 Prozent an Schelhammer & Schattera. Das Haus bezeichnet sich also mit Fug und Recht als „Kirchenbank".

Wer einen Hang zu Klischees hat, wird hier bestens bedient. Die Managergehälter sind (im Branchenvergleich jedenfalls) bescheiden. Und das Geschäftsmodell ist so, dass einem nachgerade warm ums Herz wird: Die Privatbank gilt als Spezialist für ethisch-nachhaltige Spar- und Anlageprodukte. Auf der Homepage steht: „Wir verstehen uns als die Bank der Kirche in Österreich, mit deren Werten und mit deren Auftrag wir uns eng verbunden fühlen und die wir durch günstige Konditionen und unkomplizierte Lösungen unterstützen."

Gerade in Zeiten, in denen Banken und Banker als Grundübel unserer finanzkrisengeplagten Welt gehandelt werden, ist da also immer so etwas wie ein Lichtblick. Und der kommt aus der Goldschmiedgasse.

Höchst irritierend daher die Nachricht, die gerade in Bankenkreisen die Runde macht. Die Kirche wolle aus dem Bankengeschäft aussteigen, heißt es. Stimmt das? „Ja", sagt Erhard Rauch. Und der ist immerhin Generalsekretär der Superiorenkonferenz, einem informellen Arbeitskreis der katholischen Ordensgemeinschaften in Österreich - und Mehrheitseigentümer der Bank. Nebstbei ist Rauch auch stellvertretender Aufsichtsratspräsident besagter Privatbank. „Wir überlegen gerade", sagt also Rauch, „ob eine Bank in Zukunft zu unserem Kerngeschäft gehören sollte."

Das mit dem „Kerngeschäft" ist tatsächlich ein heikles und diskussionswürdiges Thema. Aber kein neues: Seit geraumer Zeit möchte das Bankhaus Schelhammer & Schattera liebend gern seinen Anteil von 5,31 Prozent an die Casinos Austria verkaufen. Weniger, weil die Casinos Austria wirtschaftlich schon bessere Zeiten gesehen haben. Vielmehr deshalb, weil das Glücksspiel nicht unbedingt etwas ist, mit dem die Kirche in Zusammenhang gebracht werden möchte. Zocken und christliche Nächstenliebe sind eher nicht so kompatibel.

Da liegt es auf der Hand, dass die Kirche fortan auch einen großen Bogen um das Bankengeschäft machen möchte. Die Branche hat ja neuerdings überschaubare Sympathiewerte. Vor allem aber gibt's auch noch Papst Franziskus, der von der „armen Kirche für die Armen" träumt - und damit für einen Paradigmenwechsel innerhalb der Kirche gesorgt hat.

Erhard Rauch betont jedenfalls, „dass wir keinen Riesendruck haben zu verkaufen". Man sei gerade dabei, zu sondieren, „die Fühler in verschiedene Richtungen auszustrecken". Und damit sei Rechtsanwalt Christian Kuhn betraut worden, der ebenfalls im Aufsichtsrat der Bank sitzt.

Kuhn betont ebenfalls, dass es keinerlei wirtschaftlichen Druck gebe, Schelhammer & Schattera zu verkaufen: „Die Bank ist gesund und liefert laufend Erträge ab." Tatsächlich konnte die Privatbank im vergangenen Jahr ihren Gewinn erhöhen - von 4,87 auf 4,97 Millionen Euro. Was andere Banken im Lande wohl nur zu gern von sich behaupten würden. Warum also so eine Perle verkaufen? Laut Anwalt Kuhn kommen die Argumente „aus der formalen Ecke". Aufgrund der Krise seien regulatorische Bestimmungen durch die Finanzmarktaufsicht schlicht und einfach ausufernd. Da sind bürokratische Hürden entstanden, die für relativ kleine Institute nur schwer zu bewältigen sind. Kuhn: „Da muss man sich schon bewusst sein, dass eine Bank zu führen auch eine Verpflichtung ist." Sprich: Es kann ganz schön mühsam sein.
Dem Vernehmen nach interessiert sich Unternehmer Erhard Grossnigg sehr für Schelhammer & Schattera. Ins Bild würde das jedenfalls passen: Grossnigg hat ja auch Ende 2009 mit einem Konsortium die frühere Constantia Privatbank erworben.

Kuhn möchte sich dazu nicht äußern, ihm zufolge ist das Verkaufsverfahren „noch völlig offen". Es könne auch durchaus sein, dass es keinen geeigneten Bieter für das Traditionshaus geben werde, sagt er. Was wohl daran liegt, dass die Kirche ganz offensichtlich wirklich keinen Verkaufsdruck hat, sondern vielmehr die allfällige Transaktion an strenge Bedingungen knüpft. „Erstens", sagt Kuhn, „verkaufen wir nicht an einen Oligarchen." Das wiederum hängt eng mit Bedingung Numero zwei zusammen. Die da lautet: Auch der neue Mehrheitseigentümer muss sich ethisch-nachhaltigen Veranlagungsformen verpflichten.

Hand aufs Herz: Welcher Oligarch kann so etwas schon garantieren?
Oder sich auch mit der dritten Bedingung anfreunden? Die Kirche will nämlich schon auch weiterhin einen gewissen Einfluss auf das Bankgeschäft ausüben. Sei es über kleinere Anteile, die dann doch nicht verkauft werden, sei es über Sitz und Stimme im Aufsichtsrat.
Ganz wird mit den Traditionen also auch wieder nicht gebrochen. Gute, alte Tradition eben.

Auf einen Blick

Schelhammer & Schattera gehört seit den 1950er-Jahren mehrheitlich der Kirche. Rund 54 Prozent hält die Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften, Weitere Eigner: Erzbistum Wien, Benediktinerstift Göttweig, Prämonstratenser Chorherrenstift Schlägl, Zisterzienserstift Zwettl und Heiligenkreuz, Chorherrenstift Vorau.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.