500.000 Euro Beute: Überfall auf Geldtransporter war fingiert

Ein Fahrer ließ sich in Wien von einem Bekannten "überfallen". Dieser flüchtete mit der Beute in die Türkei. Den Ermittlern sagte er am Telefon sinngemäß: "Ihr könnt mich gern haben".

Der Überfall auf einen Geldtransporter der Post am 8. August in Wien-Brigittenau war offenbar fingiert: Der 37-jährige Fahrer des Transporters ließ sich von einem Bekannten fesseln und knebeln. Die Beute beträgt etwa eine halbe Million Euro, das Geld und der "Räuber" sind aber längst in der Türkei.

Die Schwierigkeit bestand bei dem Verbrechen darin, dass der Fahrer seinen Komplizen für die Fahrt einschulen musste. Denn nach dem angeblichen Überfall mussten weitere Supermärkte angefahren werden, weil das Duo nur einen Schlüssel für die Geldkoffer hatte. Um die Koffer unbemerkt, also ohne Alarm zu öffnen, braucht man einen Zweitschlüssel. Daher zog sich der "Räuber" auch die Uniform des Fahrers an. Die Kalkulation: Bei irgendeinem der Supermärkte mussten sie sich den zweiten Schlüssel erschleichen, um die Beute unauffällig entnehmen zu können. Beim fünften Versuch klappte es schließlich bei einem Geschäft in der Leopoldstadt.

Danach aber gab es Differenzen über die weitere Vorgangsweise: Anstatt wie ausgemacht mit dem Chauffeur irgendwo in Österreich die Beute aufzuteilen, setzte sich Täter - er ist türkischer Staatsbürger - mit dem ganzen Geld in ein Flugzeug nach Istanbul und tauchte in seiner Heimat unter. Oberstleutnant Robert Klug vom Landeskriminalamt: "Er hatte offenbar nie vor, mit seinem Freund zu teilen." Der Chauffeur des Geldtransporters sitzt unterdessen in Haft.

Fingerabdruck führte zu Komplizen

Der Fahrer hatte nach dem Überfall angegeben, dass er in der Wehlistraße (Brigittenau) gefesselt und geknebelt worden sei. Er sei dann im Laderaum des Transporters gelegen und habe mitbekommen, dass das Fahrzeug unterwegs gewesen sei. Angeblich dehydriert und mitgenommen fand die Polizei den Fahrer und den Transporter im Bezirk Landstraße.

Über einen Fingerabdruck ermittelte die Polizei den mutmaßlichen Täter, der 34-jährige Türke war im Zusammenhang mit Drogendelikten bereits amtsbekannt. Bald stellte sich auch heraus, dass der Verdächtige und der Fahrer sich kannten. Der Chauffeur stritt zunächst alles ab, gestand dann aber doch seine Beteiligung. Nur: Der Verdächtige war an seiner Wiener Adresse nicht mehr anzutreffen, er hatte bereits wenige Stunden nach der Tat seine Flucht in die Türkei angetreten.

Ermittler telefonierten mit Komplizen

Nach dem Flüchtigen wird nun mit internationalem Haftbefehl gesucht. Ob die türkischen Behörden gegen einen Landsmann vorgehen, sei aber regional verschieden, sagt Oberst Michael Mimra vom Landeskriminalamt.

Detail am Rande: Als der Chauffeur einvernommen wurde, meldete sich sein Partner auf seinem Handy. Die eindringliche Aufforderung der Ermittler, mit der Beute nach Österreich zurückzukommen, beantwortete er sinngemäß so: "Ihr könnt mich gern haben, ich mach' mir mit dem Geld in der Türkei ein schönes Leben." Ermittler Robert Klug: "Das war aber kein wörtliches Zitat. Das habe ich etwas verschönt."

(APA/Red.)

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