Väterkarenz ist (noch) unbeliebt

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Themenbild(c) Die Presse - Clemens Fabry
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Im Gegensatz zu den skandinavischen Ländern führt die Väterkarenz hierzulande immer noch ein Nischendasein. Die Wege zu einer höheren Väterkarenz sind umstritten.

Wien. Fast 90 Prozent aller Väter in Schweden gehen derzeit in Karenz, während es in Österreich laut Familienministerium nur gut 17 Prozent sind. Doch nicht nur der Anteil der Karenzväter ist in Skandinavien höher, sondern auch die Geburtenrate. In Schweden betrug sie im Vorjahr 1,9 Kinder pro Frau, in Österreich waren es nur 1,4.

Seit Inkrafttreten des neuen Kindergeldbetreuungsgesetzes 2010 stehen in Österreich fünf verschiedene Karenzmodelle zur Auswahl. Die damals neu implementierte einkommensabhängige Variante mit einer Dauer von 14 Monaten (12 plus 2) hat sich bei Vätern zum beliebtesten Modell entwickelt und wird von rund 35 Prozent der Karenzväter in Anspruch genommen.

Anreiz für Besserverdiener

Das einkommensabhängige Kindergeld ist vor allem bei gut verdienenden Vätern (Angestellte, öffentlich Bedienstete, Selbstständige) sehr gefragt, da es dem karenzierten Elternteil 80 Prozent des letzten Nettoeinkommens sichert. Es ist jedoch mit höchstens 2.000 Euro pro Monat gedeckelt.

Väter mit geringerem Einkommen bevorzugen hingegen eine der beiden Langvarianten (30 plus 6 bzw. 20 plus 4 Monate) mit pauschalem Kindergeld: Schüler und Studenten wählen mehrheitlich die Variante mit der Dauer von 24 Monaten, während Arbeiter und Landwirte die längste Variante bevorzugen. Dies veröffentlichte Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) im Zuge der Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage der Abgeordneten Edith Mühlberghuber (FPÖ). Der Trend gehe bei der Väterkarenz in die richtige Richtung, so der Sprecher der Familienministerin.

Das einkommensabhängige Kindergeld war unter anderem mit der Absicht eingeführt worden, Vätern die Sorge vom drohenden Einkommensverlust zu nehmen. Ein weiterer Grund für die mangelnde Beliebtheit der Väterkarenz war die Angst vor einem Karriereknick. Doch diese Angst ist unbegründet, wie eine 2014 erschienene Studie der Forschungseinrichtung Joanneum Research zeigt. Im Gegenteil: Karenzväter verdienen zwei Jahre nach Karenzende im Durchschnitt sogar mehr als Väter ohne Karenzunterbrechung.

Die Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP wollen, dass in Zukunft mehr Väter als bisher in Karenz gehen. Beide haben jedoch für das Erreichen dieses Ziels unterschiedliche Vorstellungen. Für die SPÖ ist der Papamonat (Frühkarenzurlaub für Väter) der Schlüssel zum Erfolg. Dieser war 2011 im öffentlichen Dienst eingeführt worden. Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) möchte den Papamonat auch in der Privatwirtschaft einführen, allerdings zeigt sich die Arbeitgeberseite bislang skeptisch.

Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) hat den Vorschlag gemacht, Väter durch einen „Partnerschaftsbonus“ zum Gang in die Karenz zu motivieren. Dieser finanzielle oder zeitliche Bonus soll schlagend werden, wenn beide Eltern zu gleichen Teilen in Karenz gehen. Doch das lehnte der Regierungspartner SPÖ ab.

Die ÖVP möchte außerdem die Langvariante der fünf Karenzmodelle beibehalten, die SPÖ möchte sie streichen, da sie aus ihrer Sicht den Wiedereinstieg in den Beruf erschwert. Die Langvariante ist bei Müttern – und damit insgesamt – nach wie vor das beliebteste Karenzmodell.

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Langvariante umstritten

Die FPÖ verlangt wie die ÖVP die Beibehaltung der Langvariante und will die verpflichtende Aufteilung der Karenzzeit abschaffen, sodass die maximale Karenzzeit auch von nur einem Elternteil in Anspruch genommen werden kann. Eine Erhöhung des Anteils der Väterkarenz soll auf rein freiwilliger Basis erfolgen.

Die Grünen wollen ebenso wie die SPÖ eine Abschaffung der Langvariante. Die Karenzzeit soll auf maximal 24 Monate begrenzt werden. Außerdem fordern die Grünen einen gesetzlichen Anspruch auf den Papamonat.

AUF EINEN BLICK

Väterkarenz. 17 Prozent aller Väter in Österreich nutzen derzeit die Möglichkeit, in Karenz zu gehen. Das 2010 eingeführte einkommensabhängige Modell ist am beliebtesten, es wird von 35 Prozent aller Karenzväter in Anspruch genommen und ist besonders bei Vätern mit höherem Einkommen beliebt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2015)

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