Weltfrauentag: Judith und Delilah, Fürstinnen und Amazonen

(c) Michaela Bruckberger
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Bilder von Frauen in Zeiten des Krieges: Das Kunsthistorische Museum bietet – in Kooperation mit der Hilfsorganisation Care – am kommenden Sonntag spezielle Führungen an.

Jesus war ein Flüchtlingskind, seine Familie floh nach Ägypten, um dem Kindermord in Bethlehem zu entgehen. Auch wenn die Geschichte vom kindermordenden Herodes wohl Erfindung ist, hat diese Bibelstelle viele Künstler zu Darstellungen angeregt. Überhaupt sind Krieg, Vertreibung, Gewalt und Bedrohung in der Kunst allgegenwärtig, denn diese Erfahrungen sind bis heute in vielen Regionen der Erde lebensprägend.

„Wir möchten darauf hinweisen, dass Frauen und Mädchen von Krieg und Katastrophen besonders stark betroffen sind“, erklärt Andrea Wagner-Hager, Geschäftsführerin der Organisation Care, die weltweit Frauen und Mädchen in Krisengebieten unterstützt. Heuer kooperiert sie das zweite Mal mit dem Kunsthistorischen Museum, um auf die Rolle von Frauen im Krieg aufmerksam zu machen: Das KHM bietet am Weltfrauentag am 8. März unter dem Motto „Frauen Stärken“ vier Sonderführungen.

Es beginnt in der Ägyptisch-Orientalischen Sammlung, wo wir Frauen als Migrantinnen begegnen, aber auch als Königinnen. „Krieg zieht oft einen zwangsemanzipatorischen Akt nach sich“, sagt Wagner-Hager: Frauen ersetzen die fehlenden Männer, können durch lange Bürgerkriege in politische Ämter aufrücken und haben in der Geschichte immer wieder auch Staaten angeführt. So sehen wir in Werken aus dem fünften Jahrtausend v. Chr. in Ägypten in einer großen Wandmalerei zwischen all den Kriegern und Bauern eine kleine Gruppe von Migrantinnen: Flüchtlinge aus Syrien. Drei Räume weiter erzählt die Figur von Thutmose III. nicht nur von seiner Herrschaft, sondern auch jener seiner Tante Hatschepsut, die 21 Jahre regiert hat, obwohl Thutmose den Thron bereits hätte übernehmen können.

Nackte Männer gegen Frauen in Hosen

Auf dem „Amazonensarkophag“ im KHM ist eine ungleiche Schlacht dargestellt: Nackte Männer mit Helmen kämpfen gegen Frauen, die dünne, knielange Kleider und darunter Hosen tragen – eine merkwürdige Kriegsbekleidung! Der Steinsarg aus dem vierten Jahrhundert v. Chr., gefunden an der Nordwestküste Zyperns, erzählt von einem Amazonenkampf: Die Griechen besiegten die persisch gekleideten Frauen in heroischer Nacktheit.

In der Kunstkammer finden sich „Furien, Fürstinnen und andere famose Frauen“, aber auch Darstellungen von Frauen als Opfer, etwa die phönizische Prinzessin Europa, die von Zeus entführt wurde. Erschütternd geht es in der Gemäldegalerie weiter: Der etruskische Königssohn Sextus Tarquinius vergewaltigt die tugendhafte Römerin Lucretia. Tizian zeigt in seinem großartigen Bild den Übergriff.
Dramatisch ist auch Veroneses Gemälde der Judith, die den Feldherrn Holofernes tötet, und Anton van Dycks Version von Samson und Delilah: Es zeigt, wie der von seiner Freundin Delilah an die Philister verratene – und seines Haars beraubte – Samson gefangen genommen wird, in einer farbenprächtigen, enorm dynamischen Szene.

Zum Abschluss leitet uns die Führung zu zwei weiblichen Selbstbildnissen, eines davon von Sofonisba Anguissola, der bekanntesten Malerin der Renaissance. Sie war äußerst erfolgreich und fand bereits mit 25 Jahren eine Anstellung als Hofmalerin, dies, obwohl sie ihrem Stand und ihrem Geschlecht entsprechend nicht in direkte Konkurrenz zu ihren männlichen Kollegen treten durfte, sich auf bestimmte Bildsujets zu beschränken hatte und ihre Arbeiten nicht verkaufen, sondern nur verschenken durfte. Eine der starken Frauen in dieser Führung.

Sonderführungen: 8. März, von elf bis 16.30 Uhr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2015)

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