Haider-Maurer: Durchbruch mit Verspätung

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Andreas Haider-Maurer scheint mit 27 Jahren sein Potenzial auszuschöpfen, er klopft an die Top 50. Im am Freitag beginnenden Daviscup gegen Schweden werden vom Zwettler Siege erwartet.

Örebro/Wien. Im Ansatz zu erkennen war das Ausmaß des Potenzials von Andreas Haider-Maurer schon im Oktober 2010. Es war eine nahezu magische Woche, die der damals 23-Jährige in der Wiener Stadthalle erlebte. In der Qualifikation eigentlich schon gescheitert, rutschte er nach einer Absage als Lucky Loser in den Hauptbewerb und schlug dort neben Rückkehrer Thomas Muster auch den späteren kroatischen US-Open-Champion 2014, Marin Čilić. Erst im Finale endete der unerwartete Siegeslauf des Niederösterreichers, Jürgen Melzer siegte vor einem euphorisierten Publikum.

Viele Zuschauer von damals glaubten, Zeuge des internationalen Durchbruchs von Haider-Maurer gewesen zu sein, doch sie sollten irren. Die Leistungen des aufschlagstarken Rechtshänders stagnierten, in der Weltrangliste bewegte er sich die meiste Zeit über im Dunstkreis der Top 100. Zu selten gelangen Achtungserfolge wie etwa bei den US Open 2013, als er zum Auftakt den Letten Ernests Gulbis in fünf Sätzen niedergerungen hatte. Während Haider-Maurer mühsam Punkt um Punkt auf der Challenger Tour, der zweithöchsten Spielklasse, sammelte, hatten andere Spieler mit ähnlichen „Waffen“ in ihrem Schlagrepertoire auf der ATP-Tour weitaus mehr Erfolg. Kurzum: Der Waldviertler schien aus seinen Möglichkeiten zu wenig Kapitel zu schlagen.

Gratulationen von Nadal

Doch schon die erste Turnierteilnahme 2015 ließ auf eine Steigerung hoffen. In Chennai schlug „AHM“ auf dem Weg in das Viertelfinale mit Marcel Granollers (ATP 55) und Jiri Vesely (ATP 65) zwei höher klassierte Spieler. Bei den Australian Open erreichte er immerhin Runde zwei. Mit großem Erstaunen wurde aber erst seine Vorstellung beim ATP-500-Turnier in Rio de Janeiro vor zwei Wochen festgestellt. Dort ließ Haider-Maurer der Nummer 18 der Weltrangliste, dem Spanier Tommy Robredo, beim glatten Zweisatzsieg keine Chance, was selbst dessen Landsmann Rafael Nadal nicht verborgen blieb. Der Österreicher berichtet im Gespräch mit der „Presse“ stolz von Gratulationen des neunfachen French-Open-Champions. „Die gestiegene Aufmerksamkeit der Konkurrenz ist ein netter Nebeneffekt.“

Haider-Maurer scheint angekommen auf der großen Tennis-Tour. Endlich, ist man geneigt zu sagen, wenngleich er die vergangenen Jahre „nicht schlechtgeredet wissen“ wolle. Spieler mit einem Ranking zwischen 100 und 250, wie er es lange Zeit hatte, werden in der Öffentlichkeit „extrem unterschätzt“, behauptet Österreichs Nummer zwei. „Dabei besteht zu den Topspielern nicht der Riesenunterschied. Sie sind nur einfach noch konstanter.“ Haider-Maurer gesteht, sich in seiner unscheinbar wirkenden Rolle nicht wohlgefühlt zu haben. „Es war lange Zeit nur vom Dominic (Thiem, Anm.) die Rede, da bin ich schon auf Nummer 80 gestanden. Das tut schon ein bisschen weh.“ Dem 27-Jährigen fehle es in Österreich ganz einfach an Wertschätzung. „Die Leute wissen nicht, wie viel man investieren muss, um es in einer Weltsportart wie Tennis überhaupt so weit zu schaffen.“

Melzer eröffnet Daviscup

Dieser Tage steht nicht Thiem („Er ist ein fantastischer Spieler“), sondern Haider-Maurer im Zentrum des Interesses. In Abwesenheit von Österreichs Topspieler führt der Zwettler erstmalig das Daviscup-Team beim am Freitag beginnenden Länderkampf in Schweden an. Besonderen Druck verspüre der 55. der Weltranglisten vor seinem ersten Auftritt in der Europa-Afrika-Zone I gegen die Nummer zwei der Skandinavier, Christian Lindell, nicht, wie er sagt. „Für mich hat sich nichts geändert. Ich freue mich auf das Match.“ Noch bevor Haider-Maurer in das Geschehen eingreift, eröffnet Jürgen Melzer gegen den erst 18-jährigen Elias Ymer (14.15 Uhr, live in ORF Sport +).

Direkt nach dem Daviscup reist Haider-Maurer wieder in die USA. Bei den Millionenturnieren von Indian Wells und Miami betritt der Waldviertler unbekanntes Terrain. Als ungesetzter Spieler drohen spätestens in Runde zwei große Namen. „Oder man trifft gleich in der ersten Runde auf die Nummer eins. Irgendwo ist man auch von der Auslosung abhängig“, sagt er. Doch Haider-Maurer, der seit Dezember vom ehemaligen Meusburger-Coach Daniel Huber betreut wird, traut sich weitere Schritt auf der Karriereleiter durchaus zu. Um bei den größten Turnieren gegen die besten Spieler antreten zu dürfen habe er schließlich jahrelang gekämpft. „Ich habe diesen Sprung dorthin geschafft. Jetzt will ich mich belohnen.“

AUF EINEN BLICK

Österreichs Daviscup-Team trifft in der Europa-Afrika-Zone I ab heute (14.15 Uhr, live in ORF Sport +) auf Schweden. Zunächst bekommt es Jürgen Melzer mit Elias Ymer zu tun, danach misst sich Andreas Haider-Maurer mit Christian Lindell. Für das Doppel am Samstag sind Jürgen Melzer und Alex Peya eingeplant.
Weltgruppe, 1. Runde: GER – FRA, GBR – USA, CZE – AUS, KAZ – ITA, ARG – BRA, SRB – CRO, CAN – JAP, BEL – SUI.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2015)

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