Philharmoniker-Tournee: Die Wiener und Muti auf Spurensuche

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THEMENBILD: STADTPORTRAeT WIEN - NEUJAHRSKONZERTAPA/HERBERT NEUBAUER
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St. Petersburg, Moskau und das Tschaikowsky-Museum Klin besuchte das Orchester mit Riccardo Muti auf der begeistert akklamierten Russlandreise.

1885 sehnte sich Peter Iljitsch Tschaikowsky nach einem Wohnsitz in einem kleinen Ort nahe Moskau. Bald hatte er ihn in Maidanovo, später in Frolovskoye, schließlich, 1892, in Klin gefunden. Nach seinem Tod entschied Tschaikowskys Bruder Modest, das Anwesen nach dem Vorbild der Geburtshäuser von Mozart und Beethoven in Salzburg und Bonn zu einem Museum zu machen, und damit zu Russlands erster Musikergedenkstätte.

Tschaikowskys 175. Geburtstag

Mit einem Festival feiert man hier rund um den 7. Mai Tschaikowskys Geburtstag. Heuer (zum 175.) gab es zur Eröffnung ein in den Park übertragenes Konzert der Wiener Philharmoniker. Im Mittelpunkt dieses Abends stand nach Schuberts subtil aufgefächerter Ouvertüre D 591 und Mozarts mit pulsierendem Animo dargestellter „Haffner“-Symphonie (als bewusste Verneigung vor dem Mozart-Liebhaber Tschaikowsky) eines der Meisterwerke des russischen Komponisten: seine mit meisterlicher Perfektion und emotionaler Dichte präsentierte Fünfte Symphonie. Auf sie ließen die glänzend gestimmten Wiener eine mit mitreißendem Elan musizierte „Nabucco“-Ouvertüre als Zugabe folgen.

Nicht nur im Konzertsaal neben dem Tschaikowsky-Haus von Klin waren die Philharmoniker vor eine spezifische akustische Herausforderung gestellt. Schließlich begannen sie ihre Tournee in einem der diesmal nicht mit einer Konzertmuschel ausgestatteten Säle des St. Petersburger Mariinsky-Theaters. Das machte eine sorgfältige Anspielprobe notwendig. Eine Mühe, die sich gelohnt hatte, wie der schon nach den einzelnen Symphoniesätzen aufbrandende Applaus des zahlreich erschienenen Publikums bestätigte.

Dieses zeigte sich von dem philharmonischen Schubert, Mozart und Brahms ebenso begeistert, wie es das zugegebene Stück, die Polka schnell „Im Sturmschritt“ von Johann Strauß, förmlich von den Sitzen riss.

Viel Zeit zum Ausruhen gab es nicht. Sehr früh ging es am nächsten Tag mit dem Zug weiter nach Moskau. Auch dort war man mit einem ungewohnten Ambiente konfrontiert: dem nicht weniger als 6000 Besucher umfassenden, monumentalen Saal im Kreml.

Jubel und Blumen für Schubert

Auch bei den beiden bereits in Wien gespielten Programmen – mit Schuberts großer C-Dur-Symphonie bzw. der Zweiten Brahms – bewies Muti mit seinen ganz natürlich aus dem melodischen Fluss entwickelten, die strukturellen Eigenheiten der Werke exzellent herausarbeitenden, intensiven Interpretationen, dass er in keine Schublade einzuordnen ist.

„Das beste Orchester mit dem besten Dirigenten der Welt“, schwärmte denn auch der italienische Botschafter in Russland nach dem zweiten Moskauer Konzert, bei dem das Publikum bei der mit zündender Bravour gestalteten Strauß-Polka, von Muti dazu animiert, herzhaft mitklatschte. (dob)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2015)

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