Kindergartenpflicht: Im Vorjahr 658 Strafverfahren

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mehr als 90 Prozent der Fälle wurden aus Wien gemeldet. In vier Ländern wurden gar keine Verstöße gegen die Besuchspflicht geahndet.

Wien. Seit fünf Jahren gibt es die Kindergartenpflicht im Vorschuljahr. Und die meisten der insgesamt rund 80.000 Fünfjährigen gehen auch tatsächlich in den Kindergarten. Aber: 2013/14 wurden auch insgesamt 658 Verwaltungsstrafverfahren gegen Eltern eingeleitet, die ihre Kinder nicht in den Kindergarten geschickt haben – der Großteil mit 612 in Wien. Dies geht aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung Familienministerin Sophie Karmasins (ÖVP) hervor.

In vier Ländern wurden überhaupt keine Verstöße gegen die Besuchspflicht geahndet, nämlich im Burgenland, in Kärnten, in Niederösterreich und in Vorarlberg. In der Steiermark wurden im vergangenen Schuljahr 22 Verfahren eingeleitet, in Oberösterreich 17, in Tirol sechs und in Salzburg ein Verfahren. Die Konsequenzen sind in den meisten Bundesländern – etwa in Wien, Oberösterreich, der Steiermark und Kärnten – bis zu 220 Euro. Wirklich zahlen müssen die wenigsten: In Wien wurden von den Strafverfahren 448 fallen gelassen – etwa, weil die Eltern ihre Kinder kurz nach dem Stichtag 1. September in den Kindergarten geschickt hätten, heißt es bei der Stadt. Auch bei den übrigen 164 Fällen könne es sein, dass die Kinder – nachdem die Eltern die Strafe bezahlt hätten – dann doch in den Kindergarten geschickt worden seien.

Auch darüber hinaus gibt es Kinder, die den Pflichtkindergarten nicht besuchen. So wurden 2013/14 insgesamt 354 Kinder von der Kindergartenpflicht befreit – die meisten von ihnen in Oberösterreich (68), Wien (64) und Niederösterreich (52). Die Gründe dafür sind vielfältig – sie reichen von einer Behinderung über medizinische Gründe und die zu große Entfernung zum Kindergarten bis zur Betreuung durch Tageseltern (zehn) und – mit fast 300 der größte Teil – die häusliche Erziehung durch die Eltern.

Dazu kommen noch jene Kinder, die bereits mit fünf Jahren eingeschult wurden und die – klarerweise – ebenfalls befreit sind. Ministerin Karmasin sieht keinen Handlungsbedarf, was die Kindergartenpflicht für die Fünfjährigen angeht – anders die grüne Familiensprecherin Daniela Musiol, die die Anfrage stellte: Sie will mehr Informationen darüber, welche Eltern ihre Fünfjährigen nicht in den Kindergarten schicken und warum. Immerhin habe man den Gratiskindergarten speziell für bestimmte Gruppen eingeführt – damit Kinder, die etwa sprachliche oder soziale Defizite haben, besser auf den Schulbesuch vorbereitet sind. „Es fehlt die Auswertung, ob es eine treffsichere Maßnahme ist.“

Wird Gratiskindergarten verlängert?

Außerdem müsse man mehr Augenmerk auf die Qualität legen: Es sei nicht klar, ob allein die Tatsache, dass Kinder in den Kindergarten gehen, ausreiche. Individuelle Förderung brauche Rahmenbedingungen, die es in heimischen Kindergärten zum Teil nicht gebe.

Jedenfalls müsse das kostenlose Kindergartenjahr weitergeführt werden, so Musiol, die Grünen fordern überhaupt ein zweites. Die Familienministerin betonte in ihrer Anfragebeantwortung, dass sie die Vereinbarung mit den Ländern verlängern will. Für Aussagen über Ausgestaltung und Kosten sei es allerdings noch zu früh. (APA/beba)

(APA)

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