Karmasin: Kindergartenpflicht für alle Vierjährigen

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Auch vierjährige Kinder sollen ab Herbst 2016 halbtags verpflichtend in den Kindergarten gehen. Dieser soll dafür flächendeckend kostenlos sein.

Wien. Auch vierjährige Kinder sollen künftig verpflichtend in den Kindergarten gehen. Dafür soll der Besuch des Kindergartens für Vierjährige – zumindest halbtags – in ganz Österreich kostenlos sein. Mit dieser Ankündigung geht Familienministerin Sophie Karmasin (auf einem ÖVP-Regierungsticket) in die heute, Montag, startenden Verhandlungen mit den Ländern, bei denen es um die weitere Finanzierung des kostenlosen Kindergartenjahres für die Fünfjährigen geht.

Karmasins Entwurf sieht vor, dass der verpflichtende, kostenlose Kindergartenbesuch ab Herbst 2016 auch für alle Vierjährigen gilt. Derzeit müssen alle fünfjährigen Kinder an mindestens vier Tagen der Woche im Ausmaß von 16 bis 20 Stunden einen Kindergarten besuchen, dies soll künftig auch für die Vierjährigen gelten. Die Kinderbetreuung ist an sich Ländersache, allerdings schießt der Bund – unter anderem für das kostenlose Pflichtkindergartenjahr – Geld zu, insgesamt 70 Millionen Euro pro Jahr. Diese Vereinbarung läuft aus und wird nun neu verhandelt.

„Eltern nicht komplett bevormunden“

Anlass für die Ministerin, die Ausweitung auf die Vierjährigen in Angriff zu nehmen. Aktuelle Studien würden zeigen, dass der Besuch von frühkindlichen Bildungseinrichtungen die Startchancen in der Schule verbessere, so Karmasin. Im Fokus steht dabei, mangelnde Deutschkenntnisse auszugleichen. Man wolle jene erreichen, „die Sprachentwicklungsbedarf haben“. Dabei gehe es „nicht um die Frage: Ausländer ja oder nein“, sagt die Ministerin. Etwa die Hälfte jener Kinder mit Förderbedarf hätten einen österreichischen Hintergrund. Die Kindergartenpflicht zu umgehen, dürfte aber nicht allzu schwer sein. Zwar drohen bei Verstößen verwaltungsstrafrechtliche Sanktionen. Der Entwurf sieht allerdings Schlupflöcher für Eltern vor: Wie schon bei Fünfjährigen gelten medizinische Gründe und weite Wege als Ausnahme. Neu dazu kommt für Vierjährige, dass sie auch bei Tageseltern betreut werden können oder auch zuhause, sofern gewisse Bildungsaufgaben erfüllt werden und die Sprachstandsfeststellung keinen Förderbedarf ergeben hat. „Wir wollen die Eltern nicht komplett bevormunden“, sagt Karmasin. Sie rechnet nicht damit, dass viele von den Ausnahmen Gebrauch machen.

Denn derzeit werden ohnehin schon 94 Prozent der Vierjährigen in Einrichtungen betreut. Ein zusätzlicher Anreiz soll auch sein, dass für den halbtägigen Kindergartenbesuch der Vierjährigen nichts bezahlt werden muss – in der Steiermark, in Kärnten, Salzburg und Vorarlberg ist das nämlich noch nicht grundsätzlich gratis. Eltern würden sich im Schnitt laut Karmasin 1.500 Euro im Jahr sparen.

Bei den Verhandlungen geht es wie bisher um 70 Millionen Euro Bundesgeld pro (Kindergarten-)Jahr, die Vereinbarung soll für 2015/2016 und 2016/2017 gelten. Aus dem einen oder anderen Bundesland war im Vorfeld allerdings schon der Ruf nach einer Valorisierung der Mittel gekommen. Dem dürfte Karmasin nicht nachkommen: Mit den Millionen für den Ausbau der Kinderbetreuung und für die Sprachförderung investiere der Bund ohnehin sehr viel Geld in eine Sache, für die eigentlich die Länder verantwortlich seien. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2015)

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