Als Teenager plötzlich Vater

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Männer bekommen ihr erstes Kind zunehmend später. Und doch gibt es auch sehr junge Väter – was Probleme mit sich bringt, aber auch Vorteile hat.

Wenn ich Fotos von damals sehe, war ich ja selbst noch ein kleiner Bub.“ Nikolaus Preiser war gerade einmal 18 Jahre alt, als er plötzlich Vater wurde. So wirklich geplant war es nicht. „Es wird wohl irgendetwas mit der Pille nicht hingehaut haben“, meint er. Schockiert war er trotzdem nicht, als ihm seine Freundin sagte, dass sie schwanger war. Gemeinsam besprachen sie, was sie nun tun sollten – und entschieden sich für das Kind. Was dann kam, bezeichnet der heute 21-Jährige als „eine sehr aufregende Zeit“. Die Zeit der Schwangerschaft, als er sich vorstellte, wie aus ein paar Zellen im Bauch der Freundin ein kleiner Mensch heranwuchs.


Einen Monat zu früh. „Ich habe mich so wahnsinnig gefreut auf das Kind“, erzählt er. Das Paar bereitete sich vor. Sie zogen in eine gemeinsame Wohnung, besorgten alles von Gitterbett bis Feuchttücher. Und gerade, als sie beim Ikea standen, um eine Wickelunterlage zu kaufen, war es so weit. „Sie musste aufs Klo – und plötzlich sagte sie, dass es losgeht.“ Einen Monat zu früh. Eigentlich hätte es eine Hausgeburt werden sollen, aber nun ging es ins Spital. Es sollte dauern, doch nach vielen gemeinsamen Stunden im Kreißsaal hatte Nikolaus Preiser ein kleines Baby im Arm liegen.

„Das erste Mal das eigene Kind sehen – das war so ein unglaublich schöner Moment. Und man schaut in ein Gesicht und weiß, dass man gemeinsam mit dem Kind groß werden wird. Ich bin ja noch jung.“

Ein Kind mit 18 bekommen. Das wirkt fast schon exotisch. Immerhin liest man laufend von – meist prominenten – älteren Herren als Jungvätern. Auch in der persönlichen Wahrnehmung tauchen immer wieder Männer auf, die mit 50 plus zum ersten Mal Vater werden. Nun, dass Männer wie Frauen später ihr erstes Kind bekommen, gilt als sicher. Im Schnitt 26,1 Jahre alt war eine Frau in Österreich im Jahr 1984 bei der Geburt ihres ersten Kindes, 2014 waren es 30,5 Jahre. Was Männer und ihre erste Vaterschaft betrifft, kann die Statistik Austria nur mit jenen aufwarten, die zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet waren – Lebensgemeinschaften, Patchwork oder andere Umstände sind auf männlicher Seite schlicht nicht erfasst.

Immerhin, bei den ehelichen Geburten lässt sich ein Anstieg des durchschnittlichen Alters von Männern bei der Geburt ihres ersten Kindes erkennen – von 24,6 Jahren 1984 auf 29,6 im Jahr 2014. Entwicklungspsychologe Harald Werneck hat sich mit dem Thema Alter bei Vätern intensiv beschäftigt. Er sagt, dass Väter 2013 bei der Geburt ihres ersten Kindes im Vergleich zu 1970 etwa vier bis fünf Jahre älter waren. War damals die größte Gruppe (etwa 20 Prozent) zwischen 27 und 30 Jahre alt, waren 2013 die meisten Väter zwischen 30 und 33.

In der öffentlichen Wahrnehmung spielen Teenagerväter keine große Rolle. Hilfseinrichtungen und Beratungsstellen für junge Mütter gibt es einige – weil sie ja auch hauptsächlich betroffen sind. Und sich im Gegensatz zur männlichen Seite auch nicht aus der Verantwortung stehlen können. Junge Männer werden mit ihren Problemen von institutioneller Seite nicht so wichtig genommen. Wobei es für Teenagerväter durchaus Schwierigkeiten gibt. Oft sind sie mitten in der Ausbildung, auch sind Partnerschaften in diesem Lebensabschnitt noch nicht so gefestigt – und Kinder, meint Werneck, sind generell eine Belastungsprobe. Schließlich kommt die Vaterschaft für sie oft zu einem Zeitpunkt, zu dem sie noch keine gefestigte Identität herausgebildet haben.


„Noch nie so glücklich“. Für Nikolaus Preiser scheint dieser Befund nicht zuzutreffen. Wenn er über seine Tochter spricht, beginnt er zu strahlen. „Man merkt, wie das Kind Fortschritte macht – am Anfang war sein Rücken so groß wie meine Hand, heute geht mir Emily bis zur Hüfte.“ Die Zeit vergehe so wahnsinnig schnell – und er möchte alles davon miterleben.

Zwar haben er und die Kindesmutter sich inzwischen getrennt, doch haben die beiden ein gutes Verhältnis zueinander. Und die Tochter verbringt viel Zeit bei ihm. Das fällt ihm auch deswegen nicht so schwer, weil er studiert, damit recht flexibel ist – und seine Eltern ihn auch finanziell unterstützen. „Ich weiß, dass das ein Privileg ist, das viele nicht haben.“

Das Gefühl, dass er durch die frühe Vaterschaft etwas versäumen könnte, hat er nicht – Partys und Fortgehen haben durch seine Tochter an Wichtigkeit verloren. Lediglich eine Sache sieht er mit gemischten Gefühlen: „Ein Auslandsaufenthalt im Studium wird nicht gehen. Das ist schade, weil man dabei auch menschlich sehr reift.“ Doch selbst das sagt er ohne Verbitterung – im Gegenteil: „Denn auch das steht in keinem Verhältnis dazu, wenn man sein eigenes Kind vor sich hat.“

Und das soll auch nicht das letzte Mal sein: „Ich werde noch Kinder bekommen, das weiß ich. Aber ich werde dann sehr genau schauen, dass ich mit der Mutter auch zusammenbleibe.“ Auf der anderen Seite – solang Emily mit der Situation der getrennten Eltern gut zurechtkommt, sei das auch kein Problem. Nachsatz: „Da muss man halt auch offen für Patchwork sein.“

Ob er anderen dazu raten würde, es so wie er zu machen, schon als Teenager ein Kind zu bekommen? „Ich würde jedenfalls niemandem abraten. Wenn es in der persönlichen Situation passt, warum nicht“, meint er. Der 21-Jährige selbst ist mit seiner Rolle als junger Vater jedenfalls mehr als zufrieden: „Das Schöne ist – ich habe mein Kind wahnsinnig lang.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2015)

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