Franken-Schock? Welcher Franken-Schock?

Der Umgang der Länder mit Franken-Krediten erklärt einiges.

Eine hochkarätige Jury hat gestern „Franken-Schock“ zum Schweizer „Finanzwort des Jahres“ gewählt. Der Tag im Jänner, an dem die Notenbank dem Aufwertungsdruck nicht mehr standgehalten und die Franken-Euro-Bindung aufgehoben hat, ist den Schweizern also ordentlich in die Knochen gefahren. Eine superharte Währung ist für ein sehr exportorientiertes Land ja wirklich nicht lustig.

Besonders spaßig ist diese Entwicklung auch für Franken-Kreditnehmer im Euroraum nicht. Schuldentilgungen und Zinsendienst wurden ja mit einem Schlag gleich ordentlich teurer.

Da ist es beruhigend, wenn wenigstens die Länder relaxte Finanzreferenten haben. Die österreichischen Schuldenkaiser Wien und Niederösterreich etwa, die ja jeweils rund ein Drittel ihrer nicht zu knappen Milliardenschulden in der Schweizer Währung halten.

Spekulationsverluste durch Franken-Schock? Aberwo! Der Wiener Bürgermeister hat ja schon vor einiger Zeit dekretiert, dass ein Kredit nie und nimmer Spekulation sein kann. Und seine Finanzreferentin hat in Sachen Franken gerade postuliert, dass man ja nicht spekuliere, sondern nur auf bessere Kurse warte. Ein wirklich feiner Unterschied.

Der niederösterreichische Kollege der Frau Brauner, der freilich mit zweckentfremdetem Wohnbaugeld schon einige Erfahrung mit Speku . . , äh, Warten auf bessere Kurse hat, sieht das überhaupt extrem easy. Wer etwa die niederösterreichische Budgetvorschau 2016 zur Hand nimmt, sieht dort, dass Wechselkursänderungen bei Fremdwährungskrediten etwas für ängstliche Häuselbauer sind. Dort stehen hunderte Millionen an Franken-Verbindlichkeiten drin – in Euro umgerechnet mit dem Franken-Kurs zum Aufnahmezeitpunkt.

Ein im kommenden Jahr fällig werdendes 250-Millionen-Darlehen beispielsweise stammt aus dem Jahr 2006. Damals bekam man für einen Euro rund 1,6 Franken, jetzt gerade noch 1,08. Ist ja fast kein Unterschied, wozu also neu umrechnen?

Und wenn es sich „ausrolliert“ hat und immer noch ein Loch von hunderten Millionen Euro klafft? Dann kann man noch immer „Ups, das konnte ja keiner ahnen!“ rufen – und sich eine Steuererhöhung ausdenken. Derzeit ist ja die Grundsteuer B ein heißer Tipp.

Mehr als diesen Umgang mit Fremdwährungsfinanzierungen muss man wohl nicht kennen, um zu verstehen, wieso die Finanzlage der Länder so ist, wie sie ist.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2015)

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