Kinder: Gesundheit ist eine Frage des Geldes

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Die Gesundheitssituation von Kindern und Jugendlichen hängt laut Ministerium eng mit ihrem sozialen Status und den Einkommensverhältnissen ihrer Familien zusammen.

Wien. Die gesundheitliche Situation der Kinder und Jugendlichen in Österreich hängt in hohem Maß von ihren „materiellen Lebensbedingungen“ ab. Das geht aus dem „Österreichischen Kinder- und Jugendgesundheitsbericht“ hervor, der vom Gesundheitsministerium veröffentlicht wurde.

Demnach sind Ausbildungsniveau von Eltern und Jugendlichen, Arbeit und Beschäftigung, soziale Beziehungen, Versorgung, Umwelt sowie Migrationshintergrund bestimmende Faktoren für die Gesundheit der bis zu 19-Jährigen. Das sind in Österreich 19,6 Prozent der Bevölkerung bzw. 1,7 Millionen Menschen. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung ist seit 1971 (31,2 Prozent) ständig gesunken.

Laut den Ergebnissen der letzten WHO-Studie zur Kinder- und Jugendgesundheit (2014) bezeichnen rund 40 Prozent der elf-, 13- und 15-jährigen Schüler ihren Gesundheitszustand als ausgezeichnet (Burschen: 45 Prozent, Mädchen: 36 Prozent). In Familien ohne Migrationshintergrund sind es 41 Prozent, in jenen mit Migrationshintergrund nur 35 Prozent. Eine ähnliche Diskrepanz gibt es bei der Frage nach der Lebenszufriedenheit, die 36 bzw. 29 Prozent der Schüler mit „hoch“ bewerten. 64 bzw. 54 Prozent geben an, keine Beschwerden zu haben, die mehrmals wöchentlich oder sogar täglich auftreten (siehe Grafik).

Lebensstandard und Schmerz

In Familien mit einem hohen Wohlstand bewerten 44 Prozent der Schüler ihren Gesundheitszustand mit ausgezeichnet und 39 Prozent ihren Lebensstandard mit hoch, in jenen mit einem niedrigen Wohlstand nur 32 bzw. 28 Prozent. Deutlich sind die Unterschiede mit 65 bzw. 52 Prozent auch bei den nicht mehrmals pro Woche bzw. täglich auftretenden Beschwerden. Kein Unterschied nach Familienwohlstand besteht hingegen bei chronischen Erkrankungen – insgesamt geben 16 Prozent an, chronisch krank zu sein

An Übergewicht leiden 30 Prozent der Schüler mit Migrationshintergrund, bei jenen ohne Migrationshintergrund sind es 14 Prozent – in dieser Gruppe geben 50 Prozent an, an mindestens fünf Tagen in der Woche eine Stunde oder länger körperlich aktiv zu sein. Bei Schülern mit Migrationshintergrund sind es 44 Prozent – diese Schüler essen auch häufiger Junkfood und rauchen öfter, trinken aber seltener Alkohol.

Häufiger zu Tabak greifen auch Jugendliche aus finanziell schlechter gestellten Familien. Ohne Bedeutung erweist sich der Familienwohlstand hingegen für den Alkoholkonsum. Zudem wird ersichtlich, dass Jugendliche aus Migrantenfamilien deutlich öfter keine Verhütungsmethoden bzw. ausschließlich Kondome verwenden. Darüber hinaus haben sie ein deutlich schlechteres Gesprächsklima mit ihren Eltern.

Für Klaus Vavrik, Präsident der Österreichischen Kinderliga, steht fest, dass die Schere zwischen Arm und Reich, zwischen Versorgung und Nicht- oder Unterversorgung in der Kindergesundheit weiter auseinanderklafft. Bei den Kindern aus ärmeren Familien liege die Belastung mit tendenziell schlechterer Gesundheit und weniger Möglichkeiten für den „Zukauf“ von Leistungen doppelt vor. Laut Bericht waren 2013 rund 15 Prozent der österreichischen Bevölkerung armutsgefährdet. Bei Kindern und Jugendlichen (bis 19 Jahre) lag dieser Anteil sogar bei 18 Prozent. Eine dauerhafte Armutsgefährdung lag bei vier Prozent der Kinder und Jugendlichen vor.

Psyche: Kaum Daten vorhanden

In dem Gesundheitsbericht wird zudem deutlich, dass es zum psychischen Zustand von Kindern kaum Daten gibt. Während aus einer deutschen Untersuchung zum Gesundheitsstatus der Sieben- bis 17-Jährigen hervorgeht, dass 5,4 Prozent der Kinder und Jugendlichen Anzeichen einer depressiven Störung, zehn Prozent Angstzustände und 7,6 Prozent eine Störung des Sozialverhaltens zeigen, heißt es in dem Bericht zur österreichischen Situation: „In Österreich gibt es keine mit Deutschland vergleichbaren Daten zu psychischen Erkrankungen bzw. Auffälligkeit von Kindern und Jugendlichen. Regionale Erhebungen aus Kindergärten und Volksschulen geben Hinweise, dass bei rund zehn Prozent der Vier- bis Siebenjährigen Verhaltens- und emotionale Auffälligkeiten vorliegen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2016)

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