Das geht mir auf die Nerven

Warum der „Ich bin irritiert“-Sager irritiert.

Selbstverständlich sind wir für die Abrüstung der Worte. Was hätten wir uns mit ihr in der Vergangenheit an seelischen Verletzungen ersparen können, hätten wir nicht immer wieder zur (ach so hochgelobten) feinen Klinge gegriffen. Auch sie kann böse Wunden zufügen.

Umgekehrt führt militanter sprachlicher Pazifismus vielleicht auch zu neuen Sprechblasen. Zum Beispiel: Wer mit einer Aussage oder einem Verhalten nicht einverstanden ist, sagt neuerdings: „Ich bin irritiert.“ Das klingt bestimmt und diplomatisch und souverän und auch ein bisschen ärgerlich. Noch dazu könnte man glauben, es handle sich um eine (ebenfalls hochgelobte) Ich-Botschaft.

Erstens ist nicht jeder Satz, der mit „ich“ beginnt, eine Ich-Botschaft. Sie besteht im Idealfall darin, das auslösende Verhalten, die Wirkung dieses Verhaltens und das Gefühl, das bei mir entsteht, zu beschreiben. Zweitens dient ein „Ich bin irritiert“ nur dazu, das Gegenüber zu irritieren: Heißt der Sager etwa „Wir müssen noch einmal reden“ oder „Noch so eine Meldung und wir müssen uns trennen“?

Mitunter irritiert es weniger, schlicht zu sagen: „Das geht mir auf die Nerven.“

In den Sprechblasen spürt Michael Köttritsch, Leiter der Ressorts "Management & Karriere" und "Arbeitswelten" in der "Presse", wöchentlich Worthülsen und Phrasen des Managersprechs auf und nach.

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(Print-Ausgabe, 24.09.2016)

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