Kindergarten: Angebot zählt mehr als die Herkunft

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Wie lang Kinder mit ausländischen Wurzeln in den Kindergarten gehen, hängt von Usus und Angebot ab. Das zeigt sich international – und auch im österreichischen Bundesländervergleich.

Wien. Ob und wie lang Migrantenkinder den Kindergarten besuchen, kommt stark auf die örtlichen Gepflogenheiten an – und auf das Angebot. Das zeigt eine aktuelle Analyse der Bildungsforscherin Barbara Herzog-Punzenberger. Für ein Konsortium aus AK, IV, Wirtschaftskammer, ÖGB, Caritas, Samaritern und Rotem Kreuz hat sie die Daten der Bildungsstandards 2012 analysiert. Schüler gaben darin auch an, wie lang sie (vor ihrem Schuleintritt im Jahr 2004) im Kindergarten waren.

Auf den ersten Blick bestätigen die Zahlen gewisse Vorurteile: Während nur zwei Prozent der Kinder österreichischer Mütter keinen Kindergarten besucht haben, trifft das bei russischen auf fast ein Drittel zu, bei mazedonischen auf ein Viertel, bei türkischen auf 13 Prozent. Sobald man zwischen im Ausland und in Österreich geborenen Kindern differenziert, sieht es aber anders aus: Mehr als 90 Prozent aller Kinder der zweiten Generation haben den Kindergarten besucht.

Drei oder mehr Jahre im Kindergarten waren bei den Kindern österreichischer Mütter 44 Prozent. Bei hier geborenen Kindern ausländischer Mütter sind es im Schnitt um sechs Prozentpunkte weniger. Größer sind aber die Unterschiede zwischen den Bundesländern (siehe Grafik). Die Besuchsquoten der Migranten sind mehr oder weniger parallel zu denen der Kinder österreichischer Mütter – wenn auch (fast) überall etwas niedriger. Etwas ähnliches zeigte die europäische Ties-Studie 2008. Demnach orientierte sich der Kindergartenbesuch der türkischen zweiten Generation sehr stark an der Mehrheitsbevölkerung: In Schweden waren 40 Prozent der Unter-Dreijährigen im Kindergarten, in Frankreich 86 Prozent, in Österreich 13 Prozent.

„Das zeigt, dass es nicht so sehr um die Vor- oder Einstellungen, geschweige denn um die Kultur bestimmter Gruppen geht, sondern um die institutionellen Strukturen“, sagt Herzog-Punzenberger. Es sei daher zentral, die Infrastruktur zur Verfügung zu stellen – und zwar mit möglichst geringen Hürden: „Also ein beitragsfreier Kindergarten mit gratis Mittagessen.“ Dass es große Unterschiede zwischen den Bundesländern gibt, zeige einmal mehr, dass der Kindergarten – wie auch AK, IV und die Partner fordern – in Bundeskompetenz gehört.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2016)

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