Neue Regeln für Eltern: Reform bis Jahresende

Neue Regeln fuer Eltern
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Im September nimmt die Arbeitsgruppe für ein neues Obsorge- und Besuchsrecht ihre Arbeit auf. Sie soll noch heuer Ergebnisse vorlegen. Auch im Partnerschafts- und Namensrecht könnte es Reformen geben.

Selbst im Hochsommer sorgte das Thema für heiße politische Debatten. Nun wird es ernst: Im September nimmt die Arbeitsgruppe für ein neues Obsorge- und Besuchsrecht ihre Arbeit auf. Bis Ende des Jahres soll der Gesetzesentwurf stehen, heißt es aus dem Justizministerium. Einfach wird eine Novelle aber nicht, denn zwischen Justiz- und Frauenministerium zeigten sich deutliche Meinungsverschiedenheiten. Und auch abseits des aktuellen Themas Obsorge gibt es im Familienrecht mehrere Baustellen, die es zu bearbeiten gilt. Die einzelnen Reformvorschläge haben ganz unterschiedliche Chancen, von der jetzigen Regierung realisiert zu werden – ein Überblick.


Gemeinsame Obsorge nach der Scheidung: Justizministerin Claudia Bandion-Ortner wünscht sich, dass es nach einer Scheidung eine automatische gemeinsame Obsorge der Kinder geben soll. Nur dann, wenn diese nicht funktioniert, soll ein Elternteil allein damit betraut werden. Momentan muss bei einer strittigen Scheidung die Obsorge sofort einem Elternteil (in der Regel ist es die Mutter) zugesprochen werden.

Während auch die Familienrichter für eine automatische gemeinsame Obsorge nach der Scheidung plädieren, zeigt sich SPÖ-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek skeptisch. Hinter den Kulissen gibt es aber auch in der SPÖ Personen, die sich die gemeinsame Obsorge vorstellen können.

Neue Strafen im Besuchsrecht: Auch wenn das Thema Obsorge zuletzt ins Rampenlicht gerückt ist: In der Praxis ist eher das Besuchsrecht ein Problem. Denn was tun, wenn eine Mutter konsequent verhindert, dass das Kind den Vater sehen darf? Die Familienrichter schlugen zuletzt vor, dass in diesen Fällen die Alimente für das Kind nicht mehr in voller Höhe an die Mutter überwiesen werden sollen. Der Vater müsste zwar weiterhin gleich viel zahlen, ein Drittel des Geldes käme aber auf ein gesperrtes „Mündelkonto“, auf das das Kind mit 18 Jahren zugreifen darf. Bandion-Ortner will über diese Idee diskutieren, Heinisch-Hosek stellt sich gegen den Plan. Aber auch Günter Tews, der als Obmann des Vereins „Dialog für Kinder“ viele Männer berät, spricht sich gegen ein Einfrieren der Alimente aus, da das Kind nichts für das Verhalten eines Elternteils könne. „Die Situation, die die Richter beklagen, haben diese zu einem ganz erheblichen Teil selbst zu verantworten“, meint der Jurist. Es würde reichen, die bestehenden Möglichkeiten auszuschöpfen, so Tews. So könnten gegen einen Elternteil, der die Besuchsregeln nicht einhält, bereits jetzt Geldstrafen und in Extremfällen Beugehaft verhängt werden.

Der One-stop-Vater bei unehelichen Kindern: Uneheliche Väter haben grundsätzlich kaum Rechte. Wollen sie aber auch obsorgeberechtigt sein, so müssen sie einen Lauf durch die Bürokratie absolvieren. Die wenigsten stellen daher nach dem Vaterschaftsanerkenntnis auch noch den Antrag auf gemeinsame Obsorge (dafür ist auch die Zustimmung der Mutter nötig). Nach den Plänen des Justizministeriums soll es künftig möglich sein, Vaterschaftsanerkenntnis und Obsorgeantrag in einem Ämterbesuch zu erledigen.

Automatische gemeinsame Obsorge bei unehelichen Kindern: Kaum Chancen auf Realisierung hat hingegen die Idee einer automatischen gemeinsamen Obsorge bei unehelichen Kindern. Die Grünen schlugen etwa vor, dass es eine automatische gemeinsame Obsorge geben soll, wenn die Elternteile mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt leben. Der Plan findet aber bisher bei den Regierungsparteien keine Zustimmung.

„Ehe light“:Heinisch-Hosek will das Obsorgerecht für uneheliche Väter an einen Partnerschaftsvertrag mit der Mutter knüpfen. Dieser würde die Themen gegenseitiger Beistand, Umgang mit gemeinsamen Vermögen und Unterhalt nach der Trennung regeln. Das Justizministerium wehrt sich und betont, dass Obsorge für das Kind und Beistand zwischen Partnern zwei Paar Schuhe seien. Wenn überhaupt, will man über das Thema Partnerschaftsvertrag getrennt vom Obsorgerecht debattieren. Denn den Vertrag müsste es dann auch für kinderlose Paare geben.

Tatsächlich gibt es in Europa mehrere Länder, in denen eine Art Ehe light angeboten wird. In Österreich ist aber vor allem die ÖVP strikt gegen die Einführung eines neuen Partnermodells, weil sie die Entwertung der Ehe befürchtet. Die Ehe light könnte aber durch die Hintertür kommen. Seit Jahresbeginn gibt es eine Eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle, die geringere Rechte und Pflichten vorsieht. Und ein Pärchen, Mann und Frau, beschreiten bereits den Weg zum Verfassungsgerichtshof. Denn auch sie wollen lieber statt einer Ehe die Eingetragene Partnerschaft schließen.

Namensrecht: Eine eigene Arbeitsgruppe im Justizministerium arbeitet gerade an einer Novelle zum Namensrecht, dieses könnte künftig liberaler werden. Momentan ist es etwa Eheleuten untersagt, einen gemeinsamen Doppelnamen zu tragen, der sich aus den Geburtsnamen beider Partner zusammensetzt. Nur einer der Partner darf den Namen des anderen zusätzlich zu seinem Geburtsnamen führen. Und es ist momentan unmöglich, dass uneheliche Kinder den Namen beider Elternteile erhalten. Die ÖVP bremst zwar traditionell, wenn es um ein allzu liberales Namensrecht geht. Doch eine gewisse Liberalisierung scheint in Griffweite.

Reformen bei der klassischen Ehe: Die Familienrichter fordern, dass künftig die Schuld am Scheitern der Ehe nicht mehr geprüft werden muss. Höchst strittig ist aber die Frage, unter welchen Voraussetzungen dann künftig nachehelicher Unterhalt gezahlt werden soll. Im Justizministerium will man nicht ausschließen, dass es in dieser Legislaturperiode noch zu einer Novelle im Eherecht kommt. Aktuell gebe es aber keine spruchreifen Pläne.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2010)

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