ÖVP-Abschied vom Idyll

Höhere Familienförderung ist an sich sinnvoll – wenn sie sich finanzieren lässt.

Vorbei sind die Zeiten, in denen SPÖ und ÖVP als ununterscheidbare Einheitsparteien Richtung politische Mitte strebten. Für die Nationalratswahl im Herbst positionieren sie sich wieder klar – nach dem Thema Wohnen jetzt auch bei der Familienförderung. Die SPÖ setzt auf den Ausbau von Betreuungseinrichtungen, die allen zugutekommen, die ÖVP will zusätzlich noch die sogenannten Leistungsträger steuerlich belohnen.

Das ist natürlich Klientelpolitik, allerdings mit einem bemerkenswerten Schwenk im Familienbild: Das einstige ÖVP-Idyll „Vater Alleinverdiener, Mutter Hausfrau“ hat ausgedient, durch die Aufteilung der Freibeträge auf Vater und Mutter profitieren vor allem Eltern, die beide berufstätig sind und gut verdienen.

Das ÖVP-Modell ist vom Ansatz her berechtigt: Familienförderung sollte keine reine Sozialförderung sein. Es geht nicht nur darum, mit diesem Instrument ein Abgleiten in die Armut zu verhindern, sondern auch strukturelle Ungleichheiten zu mildern: Wer Kinder großzieht, leistet viel für die Gesellschaft, muss dafür aber beträchtliche finanzielle Belastungen in Kauf nehmen. Die kann der Staat durch steuerliche Förderung zumindest teilweise ausgleichen.

Vorausgesetzt, er kann es sich auch leisten. Das ist nämlich die große Schwachstelle im ÖVP-Modell: Die Frage, wie es finanziert werden soll, ist noch gänzlich ungeklärt.

martin.fritzl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.