In den nächsten Wochen wird sich weisen, ob 2011, im Gegensatz zu den Vorjahren, nicht nur Worte, sondern auch Taten bringt.
Immer mehr Junge begehren Zugang zu höheren Bildungsstufen, um ihre Berufschancen zu verbessern. Soweit erkennt auch die Politik die Zeichen der Zeit. Einigkeit besteht im Ziel, die AkademikerInnenquote zu erhöhen. Die Blockaden der Regierung beginnen jedoch bei der Gestaltung des Weges zum Ziel. Dieser Stillstand hat fatale Folgen: Junge Menschen werden um ihre Bildungschancen gebracht. Inzwischen ist das österreichische Bildungssystem hinreichend analysiert, Reformkonzepte liegen vor.
Der Weg zur Verbesserung der Bildungschancen beginnt im Kindergarten und wird entscheidend in der Schule gestaltet. Dort setzt auch eine erfolgreiche Integrationspolitik an. Soziale Durchlässigkeit und Vielfalt stärken Österreich. Kindern aus bildungsfernen Schichten dürfen die Chancen auf ein erfolgreiches Studium nicht genommen werden. Die Veränderungen hin zur Wissensgesellschaft betreffen auch die Universitäten. Mehr Studienplätze sind gefragt. Die Verbreiterung des Hochschulsystems gelingt nur, wenn hinreichend viele Einrichtungen mit einer entsprechenden Anzahl an Studienplätzen existieren. Das Hochschulsystem insgesamt ist breiter aufzustellen. Eine einzelne Uni kann aber nicht alles sein: Spitzenuniversität à la Harvard und Bildungsstätte für breite Basisausbildung mit unbegrenztem Zugang für alle. Jede einzelne Universität hat ihre Kapazitätsgrenzen.
Warum nicht neue Wege gehen? So haben die USA ihre Community Colleges, in denen sich 40 bis 50Prozent aller Studienplätze befinden. So kann die Anzahl der Plätze für den Einstieg in universitäre Ausbildung erhöht werden. Warum soll nicht in Community Colleges die Studieneingangsphase in das Bachelorstudium mitgetragen und mitgestaltet werden? Um das Hochschulsystem zukunftsfähig zu gestalten, ist ein Modell einer fachlich gestuften Studienplatzfinanzierung unabdingbar. Bundeskanzler und Vizekanzler haben sich beim Uni-Gipfel Ende November 2010 zu diesem Ziel bekannt und Verhandlungen für Beginn 2011 angekündigt. In den nächsten Wochen wird sich weisen, ob 2011, im Gegensatz zu den Vorjahren, nicht nur Worte, sondern auch Taten bringt.
Im Sinne von Max Weber ist Politik das Bohren harter Bretter. In Österreich sind die harten Bretter politische Ideologien. Nur wenn es gelingt, Forderungen ohne ideologische Scheuklappen zu formulieren und parteiübergreifende Entscheidungsprozesse in die Wege zu leiten, bleibt dem anlaufenden Bildungsvolksbegehren ein ähnliches Schicksal wie dem vorjährigen „Hochschuldialog“ des Wissenschaftsministeriums erspart.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2011)