Lehrermangel: Wenn Studenten den Unterricht retten

Lehrermangel Wenn Studenten Unterricht
Lehrermangel Wenn Studenten Unterricht(c) Clemens Fabry
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Allein in der Bundeshauptstadt werden rund 150 Studenten eingesetzt, um den Bedarf an Lehrkräften zu decken.

Wien. Am Montag wird in jeder Klasse ein Lehrer stehen, das haben die Landesschulräte von Wien, Niederösterreich und dem Burgenland versprochen. Trotz Lehrermangels. Möglich ist das teilweise nur deshalb, da immer mehr Sondervertragslehrer eingesetzt werden. Neben Quereinsteigern aus der Wirtschaft steht dabei auch eine steigende Zahl an Lehramtsstudenten in den Klassen.

Besonders häufig kommt das in Wien vor. In der Bundeshauptstadt werden heuer rund 370Sondervertragslehrer eingesetzt. Rund die Hälfte davon sind Studenten. Ein ähnliches Bild bietet sich in Niederösterreich. Im startenden Schuljahr werden rund hundert Studierende in den Klassen stehen. Schon seit einigen Jahren versuchen die Verantwortlichen so, dem Lehrermangel entgegenzuwirken. Bereits im vergangenen Schuljahr wurden bundesweit laut Unterrichtsministerium 339Studenten im Regelunterricht eingesetzt. 228 davon unterrichteten an allgemein bildenden höheren Schulen (AHS), die restlichen 111 an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen.

Ein Phänomen, das teilweise durchaus kritisch gesehen wird: Immerhin kommen die Studenten meist ohne entsprechende Vorbereitung und Betreuung direkt vom Hörsaal in die Klasse. Die Landesschulräte versuchen, das abzumildern. Der Wiener Stadtschulrat etwa verpflichtet die Lehramtsstudenten zu einer verpflichtenden zweitägigen Dienstbesprechung. Dort werden rechtliche Grundlagen vermittelt. Erläutert werden etwa die Vorgaben in puncto Aufsichtspflicht und Leistungsfeststellung. Auch praktische Dinge wie Unterrichtsplanung und Fachdidaktik werden behandelt. Im Sommersemester gibt es eine weitere Fortbildung, die sich vorwiegend der Notengebung widmet. Trotz der Bemühungen: Das einjährige Unterrichtspraktikum, das im Regelfall nach Ende des Studiums absolviert werden muss, kann durch diese Zweitageskurse klarerweise nicht ersetzt werden. Anders als bei den Praktikanten werden den Studenten zumeist auch keine fixen Betreuungslehrer zur Seite gestellt– dafür gibt es kein Geld. Zumeist übernehmen diese Aufgabe erfahrene Kollegen. Das funktioniere gut, heißt es aus dem Stadtschulrat.

Studenten haben keine fixe Stelle

Für die Studenten selbst ist der Einsatz im Regelunterricht aber nicht nur lehrreich, sondern auch ein riskantes Unterfangen. Immerhin sollten sie ihr Studium quasi nebenbei zum Abschluss bringen. Eine zeitliche Begrenzung für ihren Einsatz im Unterricht gibt es übrigens nicht. Theoretisch könnten sie jahrelang ohne abgeschlossenes Studium unterrichten. Dabei verdienen sie merklich weniger als voll ausgebildete Lehrer: Die Differenz liegt bei 500 bis 600 Euro brutto im Monat. Einen Haken gibt es noch: Ihre Verträge sind auf ein Jahr befristet. Gibt es genügend voll geprüfte Lehrkräfte, müssen die Studenten weichen.

Eine Situation, die so manchen bekannt vorkommen könnte. Auch in den Sechziger- und Siebzigerjahren wurden Lehramtsstudenten als Lückenfüller eingesetzt und schieden dann wieder aus dem System aus – ein Szenario, das sich nicht wiederholen sollte. Die Studierenden seien angehalten, ihr Studium möglichst schnell abzuschließen, heißt es aus dem Ministerium.

Der Lehrermangel macht sich an den Schulen immer häufiger bemerkbar. In Wien fehlen zu Schulbeginn noch Dutzende Lehrer. Auch Vorarlberg klagt über Engpässe. Allein in Wien werden heuer bereits rund 370Sondervertragslehrer eingesetzt. Quereinsteiger und Lehramtsstudenten sichern den Unterricht. Der Nachteil dabei: Die pädagogische Qualifikation kommt oft zu kurz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2012)

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