Bildungsstandards: Ein Leistungstest mit großer Sprengkraft

Bildungsstandards Leistungstest grosser Sprengkraft
Bildungsstandards Leistungstest grosser Sprengkraft(c) Clemens Fabry
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Am Dienstag werden die ersten Ergebnisse präsentiert. Was die neuen Standards bringen sollen, wie sie funktionieren und woran sich die Kritiker stoßen. Die wichtigsten Antworten.

Bisher waren es vor allem internationale Vergleichstests wie PISA und PIRLS, an denen sich Debatten über die Leistungsfähigkeit des österreichischen Bildungssystems entzündeten. Mit den Bildungsstandards hat Unterrichtsministerin Claudia Schmied das erste Projekt in der heimischen Schulgeschichte gestartet, das flächendeckend eigene Daten zu den Leistungen der heimischen Schüler erheben soll. Im Mai wurde erstmals getestet; am Dienstag, werden die Ergebnisse präsentiert. Bereits jetzt ist von schlechten Werten in Wien – und sehr guten in Oberösterreich die Rede. „Die Presse“ fasst zusammen, was die Bildungsstandards bringen sollen, wie sie funktionieren – und woran sich die Kritiker stoßen.

1. Worum geht es bei den Bildungsstandards eigentlich?


Die Bildungsstandards sind eine Ergänzung zum Lehrplan: Sie legen fest, was Schüler bis zum Ende der Volksschulzeit bzw. im letzten Jahr der Hauptschule, NMS oder AHS-Unterstufe wissen oder können sollen. Für Schüler der vierten Schulstufe geht es um Deutsch und Mathematik, für die der achten zusätzlich noch um Englisch. Diese Standards werden regelmäßig geprüft.

2. Wann werden die Bildungsstandards überprüft?


Im Dreijahrestakt werden die Kompetenzen der Schüler in den drei Bereichen abwechselnd flächendeckend überprüft. Gestartet wurde mit Mathematik in der achten Schulstufe: Alle etwa 80.000 Schüler wurden im Mai getestet.

3. Wie laufen die Überprüfungen der Standards ab?

In der Volksschule dauern die Tests maximal 80 Minuten, für die älteren Schüler bis zu zwei Stunden. Es geht um das Verständnis. Ein Testbeispiel für die achte Schulstufe: In einer Schule sind die Buben deutlich in der Minderheit. In jeder einzelnen Klasse gilt 2 mal B < M. In einer sind 17 Mädchen. Wie viele Buben sind dann höchstens in dieser Klasse? (Antwort: Es sind maximal acht Buben.)

4. Wer erfährt, wie Schüler und Schulen abgeschnitten haben?

Mit den Resultaten geht das Ministerium eher restriktiv um: Jeder Akteur soll (nur) die Ergebnisse erhalten, die ihm erlauben, die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Schüler können ihre Resultate im Internet abrufen. Lehrer erfahren keine Einzelergebnisse, sondern die anonymisierten Klassenresultate, ebenso wie die Direktoren, denen zudem das Ergebnis der Schule mitgeteilt wird. Die Schulaufsicht bekommt die allgemeinen Schulberichte und Rückmeldungen für ihre Region. Die Ergebnisse werden in Punkten (200 bis 800), als Prozentrang sowie in vier Stufen angegeben: nicht erreicht, teilweise erreicht, erreicht und übertroffen.

5. Was soll sich aufgrund der Ergebnisse verändern?

Der Test soll zeigen, ob die Kompetenzen tatsächlich vermittelt werden. Lehrer sollen bei Mängeln konkret den Unterricht verändern, Direktoren einen Qualitätsentwicklungsprozess starten. Die Schulaufsicht soll die Ergebnisse als Anstoß für Änderungen in Aus- und Fortbildung, Lehrplänen oder Stundenausmaß einzelner Fächer nehmen.

6. Haben die Resultate Einfluss auf die Schulnoten?

Nein, das wäre gar nicht möglich: Jene Schüler, die im Mai getestet worden sind, besuchen heute – nach Volks- und Hauptschule oder NMS – zum Teil bereits andere Schulen. Auch auf die dienstrechtliche Bewertung der Lehrer hat das Ergebnis keinen Einfluss.

7. Welche Ergebnisse kommen an die Öffentlichkeit?

Veröffentlicht werden morgen Ergebnisse von AHS-Unterstufe und Pflichtschulen – nach Bundesländern sowie österreichweit. Unbedingt vermeiden will die Ministerin Schulrankings. Und: Die Ergebnisse der NMS – dem Prestigeprojekt Schmieds – werden nicht gesondert von jenen der Hauptschulen dargestellt. Das sorgt bei Kritikern für Unmut.

8. Warum soll niemand erfahren, wie die NMS abschneiden?

Das Ministerium argumentiert das mit der bisher geringen Anzahl der Neuen Mittelschulen: Ein gesondertes Ergebnis sei nicht aussagekräftig. Zudem bestehe die Gefahr, dass man aufgrund der wenigen Schulen Rückschlüsse auf die Ergebnisse einzelner Standorte ziehen könne. Kritiker vermuten, dass die NMS zu schlecht abschneiden. Das wäre für Schmied eine politische Niederlage.

9. Welche Ergebnisse erfahren die Eltern der betroffenen Schüler?

Sie können mit ihren Kindern deren Einzelergebnis abrufen, sonst nichts. Auch wie „ihre“ Schule und andere in der Umgebung abschneiden, erfahren sie nicht. Das brachte dem Ministerium den Vorwurf der mangelnden Transparenz ein.

10. Gibt es andere Kritikpunkte an den Bildungsstandards?

Umstritten ist der sogenannte „faire Vergleich“. Dabei wird das Ergebnis einer Schule anhand der strukturellen Rahmenbedingungen gewichtet – etwa anhand der Anzahl der Schüler aus bildungsfernen Familien oder mit Migrationshintergrund. Dies soll aber lediglich eine Zusatzauswertung sein. Ziel: jene Schulen zu identifizieren, die trotz schwieriger Bedingungen gute Arbeit leisten.

11. Was wird am Montag noch alles präsentiert?

Auch die internationalen Volksschulvergleiche PIRLS (Lesen) und TIMSS (Mathematik, Naturwissenschaften) werden vorgestellt. Das Zusammenfallen mit den Bildungsstandards dürfte kein Zufall sein. Böse Zungen behaupten, Schmied wolle mit der Datenflut schlechte Ergebnisse überdecken.

12. Wann stehen die nächsten Tests der Bildungsstandards bevor?

Im Frühling werden die Bildungsstandards in Englisch in der achten Schulstufe und in Mathematik in der vierten Schulstufe geprüft, 2014 Deutsch in beiden Stufen. Dann beginnt der Zyklus von vorne.

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