Privatschulen als letzte Rettung?

Privatschulen letzte Rettung
Privatschulen letzte Rettung(c) Clemens Fabry
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Während das öffentliche Bildungssystem zusehends um seinen guten Ruf kämpft, eilt den Privatschulen ein solcher voraus. Können sie das Bildungssystem retten?

Wien. Der Ruf der österreichischen Schulen ist auch nicht mehr, was er einmal war – vor allem nicht jener der öffentlichen. Erst kürzlich ließ BZÖ-Chef Josef Bucher mit einer Forderung aufhorchen: Er will eine absolute Runderneuerung des heimischen Schulsystems – und setzt dabei auf den massiven Ausbau von Privatschulen. Mindestens die Hälfte aller Schulen soll künftig privat organisiert sein. Und: Für Schüler soll deren Besuch gratis sein. „Privatschulen sind Erfolgskonzepte in der Bildungslandschaft“, sagte Bucher.

Könnten mehr private Schulen tatsächlich das System retten? Fakt ist, dass in Österreich vergleichsweise wenig Schüler Privatschulen besuchen. Nach einem Boom in den 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre stagnierte ihr Anteil bei neun bis zehn Prozent, zuletzt waren das im vergangenen Jahr rund 108.000 Schüler. In Wien liegt die Zahl höher – jeder siebte Volksschüler besucht dort eine private Schule.

Der weitaus größte Anbieter ist dabei die katholische Kirche. Neben den konfessionellen Privatschulen gibt es aber auch zahlreiche Privatschulen in freier Trägerschaft, wie etwa Waldorf-, Montessori- und andere alternativpädagogische Schulen. Ihr Nachteil: Im Gegensatz zu den kirchlichen Privatschulen erhalten sie die Lehrerkosten nicht ersetzt. Was dazu führt, dass Privatschulen zumeist hohes Schulgeld einheben und so zu elitären Institutionen werden.

Freie Auswahl der Lehrer

Vor allem sozial bessergestellte Eltern erwarten sich von privaten Bildungsangeboten für ihre Kinder eine bessere Leistung als an öffentlichen Schulen. Einige Vorteile haben private Schulen im Vergleich zu öffentlichen gewiss: Sie können sich sowohl ihre Klientel – also die Schüler – als auch ihre Lehrer aussuchen. Vor allem Letzteres ist etwas, das viele Direktoren öffentlicher Schulen vermissen. Nicht nur die. Auch immer mehr Eltern versuchen bereits, wenn sie ihr Kind an der Volksschule anmelden, ein Wörtchen bei der Auswahl der Lehrer mitzureden. Ihre Hoffnung: ein guter Lehrer, ein guter Unterricht. Im öffentlichen Schulsystem ist die Wahlfreiheit da aber sehr begrenzt.

Dazu, ob private Schulen ihren Schülern tatsächlich mehr beibringen als öffentliche, gibt es für Österreich – mit Ausnahme der Waldorfschulen, die bei PISA leicht über dem österreichischen Durchschnitt liegen – allerdings bislang keine separaten Auswertungen. Für die Bildungsstandards ist eine solche derzeit in Arbeit. In einer OECD-Studie wurden international die Ergebnisse privater und öffentlicher Schulen verglichen. Das Ergebnis: Privatschüler schnitten dabei besser ab – berücksichtigt man aber ihren (oft besseren) sozialen Hintergrund, lagen ihre Leistungen wiederum in etwa gleichauf mit jenen der Schüler aus öffentlichen Schulen.

Kritikern eines stärkeren Privatschulsystems liefern diese Fakten Argumentationsstoff. Denn zugespitzt formuliert könnte man aus diesen Statistiken schließen, dass teure Privatschulen zwar keineswegs besser sind, ihre Rahmenbedingungen es aber leicht machen, gute Ergebnisse zu erzielen. Die Privatschulen wären dann lediglich ein paralleles und auf ähnlichem Niveau befindliches System. Mit dem einzigen Unterschied, dass sie häufiger von Kindern aus finanziell bessergestellten – und womöglich höher gebildeten – Familien besucht werden.

Geld pro Kopf für alle Schulen

Diese Spaltung in Schulen für Reiche und Arme gilt es wohl zu vermeiden. Wie Privatschulen das öffentliche Schulsystem sinnvoll unterstützen können, zeigen die Niederlande. Dort ist der Zugang zur Privatschule alles andere als selektiv. Drei Viertel der Schüler besuchen dort eine Privatschule. Möglich macht das ein besonderes Finanzierungssystem: Nicht nur öffentliche Schulen, sondern auch Privatschulen werden dort gänzlich staatlich finanziert. Pro Schüler gibt es einen Fixbetrag. Private und öffentliche Schulen stehen damit in einem echten Wettbewerb zueinander. Jene Schule, die die besseren Leistungen und Angebote vorweisen kann, ist auch die, die einen stärkeren Zulauf an Schülern verspürt – und so mehr Geld erhält. Egal, ob öffentlich oder privat.

Die BZÖ-Idee geht übrigens in eine ähnliche Richtung: Jedes Kind soll vom Staat eine fixe Summe – etwa 4.000 Euro – mitbekommen, mit der es sich an der Schule seiner Wahl anmelden kann.

Auf einen Blick

Privatschulen. Im Vorjahr besuchten knapp 108.000 Schüler – gut neun Prozent – eine Privatschule. In Wien ist der Anteil etwas höher: Rund 16 Prozent der Volksschüler besuchen dort eine private Schule. Der weitaus größte Anbieter von Privatschulen ist in Österreich die katholische Kirche.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2012)

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