Bildungsstandards: Wie die Länder reagieren

Bildungsstandards Laender reagieren
Bildungsstandards Laender reagieren(c) APA HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Mehr Fortbildung für Lehrer, ein Ausbau der Ganztagsschulen und ein vermehrtes Training von Multiple-Choice-Tests sind die Lehren, die aus den schlechten Leistungen bei den Bildungsstandards gezogen werden.

Dass Freud und Leid dicht beieinanderliegen, hat die Ergebnispräsentation der Bildungsstandards gezeigt. Denn während sich Oberösterreich als das Bundesland mit den besten Ergebnissen zusehends an die Rolle des Vorzeigemodells gewöhnt, versucht Wien als Schlusslicht erste Verbesserungsmaßnahmen zu setzen. Für Schulleiter, Schulaufsicht und Bildungspolitik beginnt jetzt die Arbeit: Immerhin sollen die Ergebnisse die Qualitätsentwicklung an den Schulen vorantreiben. Bis Juni müssen Projekte zur Qualitätsverbesserung aufgesetzt werden, heißt es aus dem Unterrichtsministerium. „Die Presse“ fasst zusammen, wie die Länder reagieren wollen.

Ergebnisse sollen in die Notengebung miteinfließen

Wien kündigte als erstes Bundesland Konsequenzen an. Kein Wunder, denn die Wiener Schüler erzielten auch die schlechtesten Ergebnisse. Besonders erschreckend ist das Abschneiden der Schüler in den Haupt- und Neuen Mittelschulen. 51 Prozent von ihnen erreichen die Bildungsstandards nicht (siehe Grafik). Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl (SPÖ) will die Schulen nicht nur zur Teilnahme an weiteren Tests verpflichten, sondern die Ergebnisse auch in die Noten der Schüler miteinfließen lassen. Außerdem sollen die Resultate über den Aufstieg in die nächste Schulstufe mitentscheiden.

Mehr Fortbildung zu den Bildungsstandards

Kärnten ist das zweitschlechteste Bundesland – und das, dessen Resultate am weitesten hinter den berechneten Erwartungen zurückgeblieben sind (siehe Artikel unten). Warum, darüber sind sich die Verantwortlichen bisher nicht im Klaren. Nicht zuletzt deshalb soll das Bundesinstitut für Bildungsforschung BIFIE herausfinden, warum manche Länder besser und andere weniger gut abgeschnitten haben. In Kärnten kann man nur Vermutungen anstellen: Landesschulratspräsident Walter Ebner sieht eine mögliche Ursache darin, dass sich die Kärntner Mathematiklehrer in Bezug auf die Bildungsstandards „nicht intensiv genug“ fortgebildet hätten – im Fokus der Schulen seien eher Themen wie Neue Mittelschule oder Zentralmatura gestanden. Das sollte sich ändern.

Fokus auf die Grundlagen Lesen, Schreiben, Rechnen

Vorarlbergs neue Schullandesrätin Bernadette Mennel (ÖVP) zeigte sich mit den Ergebnissen – dem drittletzten Platz in Österreich – nicht zufrieden. Sie verweist auf Schwerpunkte in der Frühpädagogik, der ganzheitlichen Sprachförderung – inklusive Einbindung der Eltern – und auf die Fokussierung auf die Grundkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen. Zudem sollten – verschränkte – Ganztagsschulen ausgebaut werden. Davon würden vor allem Kinder aus bildungsfernen Familien profitieren.

Schüler sollen Testformate verstärkt trainieren

Im Burgenland will man an einem anderen Punkt ansetzen: Hier sollen unter anderem die Testformate mit den Schülern verstärkt trainiert werden. Denn während die Schüler beim Rechnen sehr gut abschnitten, habe es beim Interpretieren und bei den Multiple-Choice-Tests Defizite gegeben. „Das sind unsere Schüler weniger gewohnt“, sagt AHS-Landesschulinspektor Jürgen Neuwirth.

Verschränkte Ganztagsschulen sollen ausgebaut werden

Die steirische Bildungslandesrätin Elisabeth Grossmann (SPÖ) sieht im steirischen Ergebnis insgesamt ein positives Zeugnis – aber auch einen „Auftrag, noch besser zu werden“: So soll das Interesse für Mathematik und Naturwissenschaften durch einen stärker anwendungsorientierten Unterricht gefördert werden. Auch auf Sprachkompetenz soll gesetzt werden – diese sei mitunter der Schlüssel, um die Mathematik-Ergebnisse zu verbessern. Klar sei, dass es mehr verschränkten Ganztagsunterricht brauche.

Die Wahl der Schule soll genau hinterfragt werden

Das Land Niederösterreich liegt im Ergebnis zwar über dem Österreich-Schnitt. Landesschulratspräsident Hermann Helm kommentiert das Ergebnis dennoch nüchtern: „Die Bildungsstandards sind eine Hilfe für mich. Nicht mehr und nicht weniger.“ Helfen sollen die Standards dabei, Schulen herauszufiltern, die besondere Schwierigkeiten haben. Allerdings sei das „Zusammenkratzen“ der Bezirks- und Schulergebnisse „eine mühselige Angelegenheit“. Denn: Diese erhalten die Landesschulratspräsidenten nicht. Sobald die Ergebnisse beim Landesschulrat landen, werde man an Maßnahmen arbeiten. Besonderes Augenmerk soll dabei darauf gelegt werden, ob die Schüler in der „für sie richtigen“ Schulform sitzen.

Ergebnisse als Bestätigung für die Tiroler Gesamtschul-Linie

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sieht die Ergebnisse als einen weiteren Grund, Tirol zu einer „Modellregion“ für eine gemeinsame Schule bis 14 Jahre zu machen. „Aber mit innerer Differenzierung“, betont er: Das individuelle Fördern von Schülern nach Neigung und Eignung sei am wichtigsten. Dass er mit dem Pilotprojekt in seinem Land, das ab dem Jahr 2014 verwirklicht werden soll, der Linie von ÖVP-Chef Michael Spindelegger widerspricht, kommentiert Platter so: „Man wird ja wohl noch etwas versuchen dürfen.“ Und nach dem Versuch? Würden andere Regionen und Schulen „sicher nachziehen“, gibt er sich in Sachen gemeinsamer Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen sicher.

Salzburg setzt auf eine neue Feedback-Kultur

Die auch für Bildung zuständige Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) freut sich vor allem über das gute Abschneiden der Pflichtschulen und über die geringe Zahl an Risikoschülern. Landesschulratspräsident Herbert Gimpl betont den Wert der Bildungsstandards als Instrument: Allen Beteiligten könne so fachlich seriöses – und anonymes – Feedback gegeben werden.

Oberösterreich übt sich in der neuen Vorbildrolle

Oberösterreich soll als Spitzenreiter den anderen Ländern als Vorbild dienen. Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer (ÖVP) sieht den Erfolg übrigens in vier Punkten begründet. Dazu zählt die standortbezogene Schulentwicklung. Heißt: Schulen haben auf sie zugeschnittene Entwicklungsziele erhalten. Außerdem habe es in Oberösterreich schon lange Outputmessungen gegeben, die Verbesserungsbedarf aufzeigten. Weiters habe Oberösterreich auf die Förderung von besonders talentierten Schülern großen Wert gelegt. Und zu guter Letzt habe man es verstanden, die Lehrer zu motivieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2012)

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