Schmied: Sprachförderung aus Wahlkampf raushalten

Schmied Sprachfoerderung Wahlkampf raushalten
Schmied Sprachfoerderung Wahlkampf raushalten(c) APA HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Unterrichtsministerin Schmied will die Anstrengungen zum Deutscherwerb verstärken und enger mit Staatssekretär Kurz zusammenrücken: "Es sollte kein Blatt zwischen uns passen."

Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) will das Thema Sprachförderung und mehrsprachige Kinder an Schulen aus den kommenden Wahlkämpfen heraushalten. "Alles, was in Richtung Diskriminierung und Missbrauch dieses Themas für einen vermeintlichen Ausländerwahlkampf geht, bekommt von mir eine klare Absage", so Schmied. Es dürfe keine "Abwertungskultur" geben, "die dieses Land im vergangenen Jahrhundert schon einmal erlebt hat. Daher: Wehret den Anfängen."

Das Thema bedürfe einer seriösen und differenzierten Herangehensweise: Maßnahmen wie das verpflichtende Kindergartenjahr und die Sprachförderung an den Schulen seien richtig gewesen, die Anstrengungen müssten aber verstärkt werden, so Schmied. Ziel sei, dass alle Kinder mit spätestens zehn Jahren die Bildungssprache Deutsch beherrschen.

Vorschuljahr für Schmied eine Möglichkeit

Fördermaßnahmen müssten im Kindergarten anders aussehen als im schulischen Bereich, betonte Schmied. Rücksicht müsse man auch auf die Unterschiede zwischen städtischem und ländlichem Raum legen. Schwerpunktprogramme an Volksschulen könnten durchaus auch ein Vorschuljahr für Kinder mit Sprachproblemen umfassen, nahm Schmied auf die jüngste Diskussion mit Integrations-Staatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) Bezug.

Gleichzeitig gab sie zu erkennen, "integrative Ansätze zu bevorzugen". Wenn Freunde oder Klassenkameraden die deutsche Sprache beherrschten und mit ihnen redeten, würde dies die Motivation der Kinder zum Deutschlernen verstärken. Ausdehnen will Schmied auch die Sprachförderung an Schulen. Die derzeitige Befristung dieser Maßnahme sei "kein gutes Signal". Auch die Lehreraus- und -weiterbildung soll einbezogen werden: Deutsch-Didaktik sei nicht nur eine Frage der Deutschlehrer, sondern für alle Pädagogen.

Kurz: Förderung vor Wahlkampf umsetzen

Den Staatssekretär selbst will Schmied zu ihren Verbündeten zählen: "Es sollte zwischen uns kein Blatt passen, und schon gar nicht eines, das ein Papier der FPÖ ist." In seiner Reaktion sagte Kurz, er wolle so bald wie möglich an der Arbeit an konkreten Maßnahmen zur Sprachförderung beginnen und darüber mit Schmied Gespräche führen. Damit Sprachförderung nicht zu einem Wahlkampfthema werde, müsse sie vor dem Wahlkampf umgesetzt werden. "Das heißt: jetzt Tempo machen", so Kurz in einer Aussendung.

Kurz fordert u.a. ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr bzw. Vorschule für Kinder mit Sprachdefiziten und Deutschintensivkurse für ältere Quereinsteiger mit Sprachproblemen. Nachdem Schmied vergangene Woche eingelenkt hat, was eine mögliche Sprachförderung in Vorschulklassen betrifft - dies sei in Ballungszentren möglicherweise eine sinnvolle Lösung, so Schmied -, bewegt sich nun offenbar auch Kurz einen Schritt auf die Ministerin zu: Laut Aussendung kann auch er sich nun "differenzierte Modelle im ländlichen Raum" vorstellen.

Expertenrat für sachliche Diskussion

Nach dem jüngsten Schlagabtausch zwischen Kurz und Schmied hat auch der Expertenrat für Integration eine differenzierte Diskussion zur schulischen Sprachförderung eingefordert. Die Sprachförderung dürfe "nicht zu einem kurzlebigen, parteipolitisch besetzen Thema hochstilisiert werden", heißt es in dem Schreiben, das u.a. von Expertenrat-Leiter Heinz Faßmann und Sprachwissenschafterin Ruth Wodak gezeichnet ist. Stattdessen brauche es eine sachliche und parteiunabhängige Diskussion durch "die besten Köpfe".

Die Wissenschafter betonen, dass schulische Sprachförderung nicht nur Schüler mit nicht-deutscher Muttersprache, sondern "ALLE Kinder betrifft, die für eine schulische Kommunikation und Verständigung noch nicht ausreichend Deutsch sprechen". Je früher mit der Sprachförderung begonnen werde, umso besser, verweisen die Forscher auf die wichtige Rolle des Kindergartens. Auch Mehrsprachigkeit müsse in einer umfassenden Konzeption berücksichtigt werden.

Spezialmodule oder Sommerkurse

Zusätzlich sollen auch "international erprobte Modelle" wie Spezialmodule und Sommerkurse für Schüler, die erst nach der Volksschule als Quereinsteiger in das österreichische Schulsystem eintreten, erwogen werden. Außerdem fordern die Experten die Berücksichtigung von unterschiedlichen regionalen Voraussetzungen - so gebe es im ländlichen Raum mit seinen Dialekten möglicherweise andere Deutschkenntnisse und -kompetenzen als in der Stadt mit einer hohen Konzentration an Kindern nicht-deutscher Muttersprache.

"Es gibt also kein einziges 'one size fits all' Modell", betonen die Forscher. Ein modulares System würde hingegen ermöglichen, auf die individuellen Bedürfnisse und Vorqualifikationen der Schüler Rücksicht zu nehmen. Fördermaßnahmen müssten "mittel- und langfristig konzipiert werden", betonen die Wissenschafter.

(APA)

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