Neuer Direktor: Unterm strengen Blick Maria Theresias

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Andreas Schatzl hat im Unterrichtsministerium einige heikle Reformen mitkonzipiert. Als neuer Direktor des Theresianums muss er sich nun in der Umsetzung beweisen.

Wien. Ganz wohl fühlt sich Andreas Schatzl noch nicht in seinem neuen Büro. Nicht nur, weil sich der neue Direktor des Wiener Theresianums regelmäßig die Knie stößt am Tisch seiner Vorgängerin Waltraud Hauschka, die die Schule fast 20Jahre lang geleitet hat. Sondern auch, weil es ein bisschen an das Hofmobiliendepot erinnert. Schulgründerin Maria Theresia blickt aus einem dick goldgerahmten Ölbild streng auf den Schreibtisch, brokatbezogene Stühle stehen neben antiken Schränken. „Ich will das auf jeden Fall umgestalten“, sagt der 49-jährige Schatzl. „Nicht komplett, auch nicht sofort. Aber ich wünsche mir eine Mischung aus Tradition und Moderne.“

Schatzl, erst seit Jahresbeginn an der Spitze des Theresianums, bringt damit die Herausforderung auf den Punkt, vor der die älteste Privatschule des Landes – gegründet 1746 – zweifellos steht: eine Balance zu finden zwischen der mehr als 250-jährigen Geschichte und den Anforderungen der Gegenwart. „Es gibt Eltern, die ihre Kinder ins Theresianum schicken, weil schon die ganze Familie diese Schule besucht hat“, sagt der neue Direktor. „Und es gibt Kinder, die aufgrund des Angebots kommen, der Schwerpunkte – Musik, Sport, Sprachen –, oder der Tagesbetreuung.“ Schatzl zitiert Gustav Mahler, wenn er sagt: „Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sie ist die Weitergabe des Feuers.“ Und er grenzt sich klar ab: Traditionsverbunden – ja. Konservativ – nein.

Ethik, Zentralmatura und Co.

Mit Reformen kennt Schatzl sich jedenfalls bestens aus. Nach zwölf Jahren als Lehrer für Latein und Geschichte an Gymnasien im 12. und im 23. Wiener Gemeindebezirk wechselte er im Jahr 2002 ins Unterrichtsministerium. Wo er einige sprichwörtliche harte Brocken zu verantworten hatte: Ethikunterricht, Ganztagsbetreuung sowie – zuletzt heftig umstritten – die Zentralmatura. Schatzl ist dennoch optimistisch: „1990, als ich zu unterrichten begonnen habe, gab es auch eine Maturareform. Damals hat man gejammert, was das Zeug hielt. Wenn man heute danach fragt, heißt es: Das war die beste Reform überhaupt.“

Dennoch: Am Theresianum wird es noch dauern, bis die Zentralmatura läuft. Eine vorgezogene komplette Umsetzung schon kommendes Schuljahr hätte der Schulgemeinschaftsausschuss – Lehrer, Eltern, Schüler – noch vor Schatzls Antritt beschließen müssen. Dieser hätte sich das, man merkt es ihm an, doch gewünscht. Aber: Alle müssen im Boot sein. Schatzl hat Visionen, aber er will – ähnlich wie bei der Umgestaltung seines Büros – niemanden vor den Kopf stoßen. „Man kann nicht einfach auf einen Knopf drücken.“ Es gilt, 130 Lehrer, mehr als 800 Schüler und die Eltern einzubinden in das, was in der Schule geschieht.

Was bereits tadellos funktioniert, ist die Ganztagsschule, an der Schatzl im Ministerium ebenfalls gefeilt hat: Das Theresianum wird seit jeher ganztägig geführt. „Das hat für mich auch den Ausschlag gegeben, mich für die Leitung dieser Schule zu bewerben“, sagt Schatzl. Die Volksschule, die es so wie den Kindergarten seit anderthalb Jahren gibt, ist nicht nur ganztägig, sondern sogar verschränkt – jene Variante, die nach wie vor für Debatten sorgt. „Aus pädagogischer Perspektive ist das die sinnvollste Form“, sagt Schatzl. Nicht ohne gleich diplomatisch nachzuschießen: Er verstehe natürlich – auch als Vater eines Sohnes – die Eltern, die die Erziehungsaufgaben lieber selbst in die Hand nehmen wollen.

Von der Theorie in die Praxis

Insgesamt scheint sich Schatzl ehrlich zu freuen auf den Schritt von der Theorie in die schulische Praxis. Und zweifellos wird dieser Seitenwechsel auch seiner grundsätzlichen Herangehensweise gerecht. Schatzl ist ein Mensch, der sich gern erdet: „Wenn ich etwas konzipiere, will ich es auch evaluieren. Wenn ich etwas entscheide, will ich sehen, ob es funktioniert.“ So hat er neben dem Lehramtsstudium als Erzieher an einer Volksschule gearbeitet. Nicht nur, um etwas Geld zu verdienen. Sondern auch, um zu sehen, „ob die Arbeit mit Kindern überhaupt etwas für mich ist“.

Nach zehn Jahren im Ministerium an die Spitze einer Schule – ist das nicht ein Sprung ins kalte Wasser? „Jein“, sagt Schatzl. „Ich war ja nie so weit weg von der Schulrealität.“ Und wenn es sein muss, kann er sich zu Hause gratis Nachhilfe holen: Schatzls Frau leitet ein Gymnasium im 18. Bezirk.

Neue Serie

Andreas Schatzl (49) ist seit Jahresbeginn Direktor des Theresianums. Er folgt auf Waltraud Hauschka, die nach fast 20 Jahren in Pension geht. Schatzl war zuletzt zehn Jahre lang im Unterrichtsministerium tätig, unter anderem als interimistischer Leiter der AHS-Abteilung.

BildungsMenschen. In der neuen Serie holt „Die Presse“ künftig spannende und engagierte Persönlichkeiten aus allen Bereichen des Bildungssektors vor den Vorhang.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2013)

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