Neos: „Lehrer werden mit Erlässen zugemüllt“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Menschen hängen nicht am Wort Gymnasium, sagt Neos-Bildungspolitiker Michael Unger. Er fordert volle Schulautonomie und leistungsorientierte Bezahlung.

Die Presse: Die Partei Neos will sich als neue politische Kraft etablieren. Einige Ihrer Forderungen im Schulbereich – etwa mehr Ganztagsschulen, Zentralmatura – klingen aber, als stammten sie aus dem Büro der Ministerin.

Michael Unger: Die Ministerin hat sicher Reformansätze, steht aber in der Tradition des zentralistischen bürokratiegeführten Schulsystems, wie auch die ÖVP. Das System, das wir uns vorstellen, besteht aus gemeinsamen Zielsetzungen und der ausgeprägten Autonomie der einzelnen Bildungseinrichtungen.

Die mittlere Reife ist eine Erfindung der ÖVP, dass alle Schulen unabhängig vom Träger Geld pro Schüler bekommen sollen, kommt vom BZÖ. Haben Sie überall etwas abgekupfert?

Wir sind die Ersten, die gute Ideen von anderen auch schätzen. Wenn die SPÖ für die Zentralmatura ist, die ÖVP für die mittlere Reife und das BZÖ für eine schülerbezogene Finanzierung, heißt das aber noch lange nicht, dass sinnvolle Gesamtkonzepte dahinterstehen.

Wie sieht Ihr Gesamtkonzept aus?

Wir wollen zentrale Überprüfungen, um zu ermöglichen, dass der Weg zum Ziel frei gewählt werden kann. Und einen Wettbewerb der Konzepte, damit Dynamik und Innovation ins System reinkommen.

Dynamik erhoffen Sie sich auch von der erfolgsorientierten Bezahlung von Lehrern, wie Sie sie fordern?

Wir wollen von diesem starren System wegkommen, und das kann sich auch im Gehaltssystem widerspiegeln. Es geht darum, Anreize zu schaffen und Engagement zu belohnen. Wie das im Detail aussehen kann, muss man sich anschauen. Wichtig ist uns, dass das Modell nicht bürokratisch ist.

Die Bürokratie kritisieren Sie vehement.

Das System hat derzeit einen hohen Frustrationsgrad, die Lehrer werden zugemüllt mit Erlässen und Verordnungen. Wir wollen eine wirkliche Befreiung, damit man aus eigener Initiative etwas erreichen kann. Denn es gibt extrem viele engagierte Lehrer, Schulleiter, Elternvertreter, die das auch tun wollen.

Sie wollen auch die Zweigeteiltheit des Systems in AHS und Hauptschule/NMS auflösen. Was soll das bedeuten?

Jede Schule soll autonom die richtigen Lösungen für ihr Publikum finden können. Wir wollen Standards schaffen: Was sollen die Kinder können? Die Wege sollen vielfältig sein. Da reicht die Gesamtschule nicht, da reichen die beiden Schultypen AHS und Hauptschule nicht.

Wie wichtig ist Ihnen trotzdem das Gymnasium? Sie wollen ja auch eine bürgerliche Klientel ansprechen...

Die Menschen hängen ja nicht am Wort Gymnasium. Sie haben das Anliegen, dass ihre Kinder eine gute Schulbildung bekommen. In unserem Modell wird es viel mehr gute Schulen geben als heute. Es ist eines, in dem unterschiedliche Wege gegangen werden mit dem Ziel, allen das Beste zu bieten.

Zur Person

Michael Unger (37) leitet die Taskforce Bildung der neuen liberalen Partei Neos. Zentrale Forderungen für die Bildung sind u. a. Entideologisierung der Debatte, volle Schulautonomie bis 2018, Einführung einer mittleren Reife und mehr ganztägige Schulen. Das gesamte Programm – noch „work in progress“ – findet sich unter neos.eu/plaene.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2013)

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