Trotz fixierter Reform gibt es einen Konflikt: Laut SPÖ dürfen dieselben Lehrer an Hauptschule und AHS unterrichten. Die ÖVP sieht das anders, sie will es von den Inhalten des Studiums abhängig machen.
Als "wichtiges Etappenziel" und "historischen Schritt" haben Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) und Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) am Mittwoch die Reform des Lehrerdienstrechts gemeinsam gefeiert. Doch schon wenig später hat der Kampf um die Deutungshoheit begonnen. Grund des Streits ist die gemeinsame Ausbildung aller Lehrer, die Kinder ab zehn Jahren unterrichten. Damit wird die Einführung einer Gesamtschule zumindest prinzipiell einfacher.
Künftig gibt es einen vierjährigen Bachelor sowie einen Master für alle Lehrer der Sekundarstufe (diese umfasst die Hauptschule bzw. ihren Nachfolger Neue Mittelschule, das Gymnasium und die berufsbildenden mittlere und höheren Schulen). Unis und Pädagogische Hochschulen sollen gleichwertig sein und zusammenarbeiten. Geht es nach Schmied, sollen alle Absolventen dieser Ausbildung an jedem Schultyp der Sekundarstufe unterrichten dürfen. "Lösen wir uns bitte von diesen Etikettierungen", betonte sie am Mittwoch.
"Schulartendebatte wird davon nicht berührt"
Im Wissenschaftsministerium scheint man nun aber die Frage, wer wo unterrichtet, von den Inhalten des Studiums abhängig machen zu wollen. Der Einsatz der Lehrer müsse weiter davon abhängen, wo und wie sie ausgebildet wurden und welche Curricula sie durchlaufen haben, heißt es.
Außerdem verweist man auf einen Passus im Gesetzesentwurf, wonach sich "die Zuständigkeit für das jeweilige Lehramt" nach der "bisherigen Kompetenzverteilung" richtet. Sprich: AHS-Lehrer sollen weiter an den Unis, Lehrer für die Neue Mittelschule - wie bisher die Hauptschullehrer - an den PH ausgebildet werden. Was das Konzept der neuen Lehrerausbildung mit der Zusammenarbeit von Unis und PH ad absurdum führt. Dementsprechend will Töchterle die Reform auch nicht als Schritt in Richtung einer gemeinsamen Schule verstanden wissen. "Das hat primär Einfluss auf die Qualität der Lehrer, die Schulartendebatte wird davon nicht berührt."
Schmieds Prestigeprojekt, die Neue Mittelschule, sollte die Vorstufe zu einer Gesamtschule sein. Der Schultyp leidet derzeit aber stark darunter, dass nur wenige AHS-Lehrer dort unterrichten wollen.
Kein Upgrade für Kindergartenpädagoginnen
Mehr als vier Jahre haben die beiden Ministerien bis zum Gesetzesentwurf gebraucht, von der ursprünglich geplanten gemeinsamen Ausbildung für alle Pädagogen ist nicht mehr viel übrig geblieben. So ist etwa für Kindergartenpädagogen gar keine tertiären Ausbildung mehr vorgesehen, hier soll weiter der Abschluss einer Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik reichen.
Das Studium selbst gliedert sich für alle in einen vierjährigen Bachelor und einen verpflichtenden, auch berufsbegleitend möglichen Master (ein bis eineinhalb Jahre). Die Berufseinführung dauert ein bis zwei Jahre und wird von einem erfahrenen Mentor begleitet. Das Gehalt soll in der "Induktionsphase" laut Schmied nicht wesentlich geringer sein als beim eigentlich Berufseinstieg.
So war's und so wird's
Im Sekundarbereich wurden Pflichtschullehrer (Hauptschule, NMS, Polytechnische Schule) bisher an den PH sechs Semester lang zum Bachelor ausgebildet, AHS- und BMHS-Lehrer an den Unis in neun Semestern zum Magister. Künftig gibt es Bachelor und Master: Den vierjährigen Bachelor können Studenten sowohl an einer PH als auch einer Uni erwerben. Das Studium soll auch an beiden Institutionen möglich sein. Den eineinhalbjährigen Master, der Voraussetzung für eine unbefristete Anstellung ist, dürfen allerdings nur Unis oder PH in Kooperation mit einer Uni anbieten. Geht es nach Schmied, sollen alle Absolventen dieser Ausbildung an jedem Schultyp der Sekundarstufe unterrichten dürfen - also etwa der Uni-Absolvent an der Neuen Mittelschule oder der PH-Absolvent an der AHS-Unterstufe.
Beide Minister hoffen, dass die gesetzlichen Grundlagen noch bis zum Ende der Legislaturperiode fixiert werden können. Geplant ist ein stufenweiser Start der neuen Ausbildung mit dem Studienjahr 2013/14: Den Anfang sollen Quereinsteiger im Bereich der Allgemeinbildung machen, erste Ausbildungen in der neuen Architektur sind für 2014/15 vorgesehen. 2015/16 soll die Umstellung der Volksschullehrerausbildung im Bachelor erfolgt sein, 2016/17 jene des Bachelorstudiums Sekundarstufe (NMS, AHS-Unterstufe). Spätestens 2019/20 soll es die neuen Masterstudien geben. Ein Qualitätssicherungsrat soll sicherstellen, dass die unterschiedlichen Angebote auch anerkannt werden.
(APA/Red.)