Schmied sagt Lehrerstudie ab: Fürchtet sie Ergebnisse?

Talis-Studie
Talis-Studie(c) HANS KLAUS TECHT / APA / picture (HANS KLAUS TECHT)
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Die Ministerin untersagte, die Talis-Studie neuerlich durchzuführen. Die Ergebnisse hätten sie in den Dienstrechtsverhandlungen geschwächt.

Wien. Es steht viel auf dem Spiel: Sollten die Verhandlungen zum neuen Lehrerdienstrecht scheitern, dann wäre das nicht nur ein herber Rückschlag für Junglehrer, sondern auch für Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) selbst. Sie kann es sich wohl kaum leisten, die Verhandlungen nach knapp fünf Jahren ergebnislos abzubrechen – und das in einem Wahljahr. Und so arbeitet sie hart daran, die Gespräche zu einem positiven Abschluss zu bringen. Zu hart?

Für den Geschmack des ehemaligen Direktors des Bundesinstituts für Bildungsforschung (Bifie), Günter Haider, schon. Er warf Schmied in einem Gastkommentar im „Kurier“ indirekt vor, kritische wissenschaftliche Daten, die der Gewerkschaft in den Verhandlungen den Rücken stärken könnten, bewusst zurückzuhalten bzw. deren Erhebung zu verbieten. Haider ist mit seinem Verdacht nicht allein, wie „Die Presse“ nun erfahren hat.

Konkret geht es um die Talis-Studie (Teaching and Learning International Survey) der OECD, die auch die Arbeitsbedingungen der Lehrer erhebt. Und damit die Gewerkschaft in ihrer Forderung nach mehr Unterstützungspersonal (Psychologen, Sozialarbeiter, administratives Personal) stärken könnte. Österreich nahm an Talis bereits 2008 teil – mit einem wenig erbaulichen Ergebnis für das Unterrichtsministerium: Kein anderes Land hat weniger Psychologen, Sozialarbeiter und unterstützendes administratives Personal an den Schulen. Und genau diese Studie hätte heuer – inmitten der zähen Verhandlungen zum Lehrerdienstrecht – noch einmal durchgeführt werden sollen. Doch Schmied sagte die neuerliche Teilnahme ab.

Keine Daten, keine Erklärungsnot

„Daten, die nicht entstehen, können später keinen Erklärungsnotstand für Politiker verursachen“, kommentiert Haider Schmieds Entscheidung. Die Daten für die Talis-Studie wären von Februar bis April 2013 erhoben worden. Die erhobenen Talis-Rohdaten für den im Jahr 2014 erscheinenden Endbericht wären also womöglich noch in die derzeit laufenden Verhandlungen zum Lehrerdienstrecht eingeflossen. Bei einem ähnlichen Ergebnis wie im Jahr 2008 hätten diese Daten der Lehrergewerkschaft Munition geboten.

Schon bisher pochte der Chefverhandler der Lehrer, Paul Kimberger, auf eine stärkere Entlastung der Pädagogen und forderte rund 13.000 zusätzliche Unterstützungsposten. Die Regierung nennt diese Zahl aber „illusorisch“ – und setzt die Obergrenze bei 2000 Unterstützungsposten an. Im Vollausbau, versteht sich. Ein Streit, der bei den Verhandlungen zum neuen Lehrerdienstrecht noch eine entscheidende Rolle spielen könnte. Dazu kommt, dass die Lehrer ohnehin eine neue Arbeitszeitstudie fordern. Auch dem wäre mit einer Teilnahme an Talis 2013 wohl Genüge getan gewesen.

Offiziell untersagte die Unterrichtsministerin die Teilnahme aus Kostengründen und setzte sich damit auch gegen den wissenschaftlichen Beirat des Bifie durch, der die Teilnahme an Talis 2013 ausdrücklich empfohlen hat. Dass tatsächlich die Kosten das ausschlaggebende Kriterium für die vor rund eineinhalb Jahren erteilte Absage waren, bezweifeln nun auch mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen im Gespräch mit der „Presse“.

„Rausgeschmissenes Geld“

Die Teilnahmegebühr hätte lediglich 15.000 Euro betragen. Und: Das Bifie habe in den Budgetverhandlungen mit dem Ministerium sogar angeboten, durch interne Umschichtungen für diesen Betrag aufzukommen. Extrageld vom Unterrichtsministerium wäre demnach also nicht einmal benötigt worden. Auch zusätzliches Personal hätte man nicht gebraucht. Auch das wäre Bifie-intern geregelt worden, hieß es auf Nachfrage der „Presse“.

Im Ministerium weist man die Vorwürfe entschieden zurück. Es gebe lediglich pragmatische Gründe dafür, dass die Studie im Jahr 2013 nicht noch einmal durchgeführt wurde. Es habe sich seit dem Jahr 2008 nicht viel verändert. Das wisse man. Sowohl die Bezahlung als auch das Arbeitsumfeld der Lehrer sei gleich geblieben. An der Talis-Studie 2013 teilzunehmen, wäre demnach lediglich „rausgeschmissenes Geld“ gewesen.

Auf einen Blick

Die Talis-Studie erhebt unter anderem die Arbeitsbedingungen der Lehrer. 2008 nahm Österreich an dieser Studie teil. Das Ergebnis war ernüchternd. Nirgends gibt es weniger Unterstützung für die Lehrer als in Österreich: Schulpsychologen und Sozialarbeiter sind Mangelware. Diese Informationen hätten die Gewerkschaft in den Dienstrechtsverhandlungen gestärkt. Schmied habe die Teilnahme an Talis 2013 deshalb nicht erlaubt, so der Vorwurf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2013)

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