Die Begutachtungsfrist des umstrittenen Entwurfs der Regierung für das neue Lehrerdienstrecht ist ausgelaufen. Junglehrer kündigen eine Demo an.
Wien. Die Kampagne der Lehrergewerkschafter hat offensichtlich gewirkt: Mehr als 1400 Stellungnahmen zum Entwurf für das neue Lehrerdienstrecht sind bis gestern, dem letzten Tag der Begutachtungsfrist, im Parlament eingelangt – viele davon von einzelnen Lehrern, die von ihren Vertretern im Vorfeld dazu aufgerufen worden waren, ihre Meinung zu dem umstrittenen Papier kundzutun, das die Regierung ohne den Segen der Gewerkschaft in Begutachtung geschickt hatte.
Den Lehrern und ihren Gewerkschaftern ist zunächst einmal die Erhöhung der Unterrichtspflicht ein Dorn im Auge. Laut Entwurf sollen alle Lehrer pro Woche 24 Stunden unterrichten (Klassenvorstände, Lernbegleiter oder Mentoren weniger), derzeit sind es zwischen 20 und 22 Stunden, bei vorbereitungsintensiven Fächern noch weniger. Noch ein Kritikpunkt der Lehrer: Anders als bisher sollen aufwendigere Fächer nicht mehr durch weniger Unterrichtsstunden, sondern durch finanzielle Zulagen abgegolten werden.
Was zu einem weiteren zentralen Kritikpunkt führt: dem Einkommen. Während die Regierung für fast alle Lehrertypen einen Zugewinn errechnet, geht die Gewerkschaft von Verlusten aus. Die Regierung vergleicht jeweils eine Unterrichtsverpflichtung von 22 Stunden und zinst die höheren Anfangsgehälter mit vier Prozent ab. Die Gewerkschaft lehnt das ab – und kommt beim Lebensverdienst auf ein Minus von bis zu einer halben Million Euro.
Sowohl Pädagogen als auch Uni-Vertreter kritisieren, dass Lehrer schon mit einem Bachelorabschluss an höheren Schulen unterrichten dürfen. Zwar müssten sie binnen fünf Jahren den Master machen – ob sie widrigenfalls gekündigt werden, liegt aber am Dienstgeber. Dass Lehrer vorübergehend auch Fächer unterrichten dürfen, für die sie nicht lehrbefähigt sind – in Hauptschulen und Neuen Mittelschulen ist das derzeit schon Usus –, lehnen praktisch alle Begutachter ab.
Weniger Zeit für Individualisierung
Ein häufiger Einwand betrifft den Umstand, dass die Erhöhung der Lehrverpflichtung der angekündigten Individualisierung widerspricht – weil Lehrer mehr Klassen übernehmen und weniger Zeit für einzelne Schüler haben. Dass parallel zur Stundenerhöhung kein substanzieller Ausbau des Unterstützungspersonals in Sicht ist – die Gewerkschaft fordert mehr Psychologen und Verwaltungspersonal – stört die Lehrer ebenfalls.
Eine Junglehrerinitiative kündigt inzwischen eine neue Demonstration gegen das Dienstrecht an. Wann dieses beschlossen wird (oder ob es überhaupt so weit kommt), liegt an der neuen Regierung. (APA/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2013)