62 Projekte erledigt, große Brocken übrig

Neue Mittelschule, Reform der Lehrerausbildung, modulare Oberstufe: Ein Überblick über die großen Projekte der Ära Schmied - und ihre Schönheitsfehler.

62 Regierungsprojekte hat Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2007 auf Schiene gebracht, darunter die flächendeckende Umstellung der Hauptschule auf die Neue Mittelschule (NMS) oder die Reform der Lehrerausbildung. Allerdings haben viele Projekte Schönheitsfehler, so mancher große Brocken ist unerledigt geblieben - großteils aufgrund des Widerstands von Koalitionspartner ÖVP und den Ländern. Im Folgenden ein Überblick über große Projekte der Ära Schmied:

Lehrerdienstrecht: Am wohl deutlichsten gescheitert ist Schmied mit ihrem Ansinnen, Lehrer zu mehr Anwesenheit an den Schulen zu verpflichten. Schon 2009 war sie mit ihrem Plan, dass diese als Beitrag zur Bewältigung der Wirtschaftskrise zwei Stunden zusätzlich unterrichten sollen, am Widerstand der Gewerkschaft und der mangelnden Unterstützung durch die Regierung gescheitert. Auch der nächste Anlauf für eine Reform war kein Erfolg: Im Mai 2012 wurden Verhandlungen mit der Gewerkschaft begonnen, diesmal als "Regierungsprojekt" unter Einbindung von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP). 33 Runden später gab es noch immer keine Einigung. Der Gesetzesentwurf, den die Regierung dennoch Mitte August in Begutachtung geschickt hat, wurde in rekordverdächtigen über 1.700 Stellungnahmen großteils harsch kritisiert und auch die ÖVP, die sich bereits davor wiederholt vom Regierungsentwurf distanziert hatte, ortet noch Verbesserungsbedarf.

Lehrerausbildung: Nach mehr als vier Jahren Vorarbeit wurde die Reform beschlossen, aus der ursprünglich angekündigten gemeinsame Lehrerausbildung für alle wurde allerdings nichts. De facto wird es weiterhin unterschiedliche Wege zu verschiedenen Lehrämtern geben, die Zweiteilung der Ausbildung (Pflichtschullehrer an den Pädagogischen Hochschulen, AHS- und BMHS-Lehrer an den Unis) bleibt großteils erhalten. Die Reform sieht vor, dass künftig jeder angehende Lehrer ein Aufnahmeverfahren bestehen und langfristig ein Masterstudium absolvieren muss, was für Pflichtschullehrer zu einer deutlich längeren Ausbildung führt. Kritik setzte es daran, dass die Ausbildung der Kindergartenpädagogen vorerst weiter kaum an Hochschulen stattfinden wird.

Neue Mittelschule: Als Kompromiss zwischen der von der SPÖ geforderten und der ÖVP abgelehnten Gesamtschule wurde eine flächendeckende Umwandlung der Hauptschule in Neue Mittelschule (NMS) beschlossen. Während Schmied die NMS als Zwischenschritt zu einer gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen sieht, wird das Projekt, bei dem in Deutsch, Mathematik und Englisch zwecks besserer Individualisierung zwei Lehrer gemeinsam in der Klasse stehen, von der politischen Konkurrenz als bloßes Austauschen von Türschildern kritisiert.

Ganztagsschule: Der angekündigte Ausbau ist Schmied gelungen, wenn auch nicht in dem Ausmaß, wie die SPÖ es sich gewünscht hätte. Zwar wurden die Mittel auf 160 Mio. Euro pro Jahr bis 2018 verdoppelt, mit der Forderung nach einer weiteren Aufstockung auf 320 Mio. Euro hat Schmied sich von der ÖVP allerdings eine Abfuhr geholt. Die Ansage, dass künftig jede zweite Pflichtschule auf ein ganztägiges Angebot umgestellt werden soll, wurde von der ÖVP als Kampf gegen die "Zwangstagsschule" in den Wahlkampf getragen.

Zentralmatura: Die Einführung ist zwar fix, allerdings musste die Ministerin den Starttermin nach massiven Protesten von Schüler-, Eltern- und Lehrervertretung um ein Jahr nach hinten verschieben. Der Vorwurf: Im Fach Mathematik sei die Zentralmatura unzureichend vorbereitet worden. Das Angebot, doch schon zum ursprünglichen Starttermin loszulegen, haben ganze zwei der fast 350 AHS wahrgenommen. Kritiker warnen außerdem vor einer Nivellierung durch die österreichweit einheitlichen Klausuren.

Sprachförderung: Über Monate hinweg lieferte Schmied sich mit Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz (ÖVP) einen medialen Schlagabtausch darüber, wie die Sprachförderung vor allem für Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache verbessert werden kann. Das Ergebnis: Deutschkenntnisse sollen künftig größeren Einfluss darauf haben, ob Kinder als schulreif eingestuft werden. Darüber, ob Sprachförderung integrativ oder in von Schmied einst als "Ghettoklassen" verurteilten eigenen Klassen passieren soll, soll der jeweilige Schulleiter entscheiden.

Oberstufe neu: Die von Schmied gewünschte "Abschaffung des Sitzenbleibens" ist es dann doch nicht geworden. Künftig können Schüler mit bis höchstens zwei mit "Nicht Genügend" beurteilten Modulen in die nächste Schulstufe aufsteigen, positive Noten bleiben in jedem Fall erhalten. Ein echtes Modulsystem mit der Möglichkeit einer Abwahl von Fächern bei gleichzeitiger Vertiefung in anderen Gegenständen ist aber nicht entstanden: De facto wurde nur der Jahresstoff in zwei Semester-Module unterteilt.

Bildungsgarantie
: Hier wurden Gratis-Kurse zur Alphabetisierung bzw. zum kostenlosen Nachholen des Bildungsabschlusses geschaffen.

Bildungsstandards: Zum ersten Mal wurde unter Schmied flächendeckend erhoben, wie es um die Kenntnisse Zehn- bzw. 14-Jähriger in Österreich bestellt ist. Dass die Neue Mittelschule (NMS) bei den Ergebnissen nicht separat ausgewiesen wurde, sahen Kritiker als Beleg für ein Scheitern dieser Schulform.

Schulverwaltung: Die im Regierungsprogramm vereinbarte "Light"-Reform wurde zumindest großteils umgesetzt. Kurz vor Ende der Legislaturperiode wurde die Abschaffung der Bezirksschulräte samt der nach Proporz besetzten Kollegien beschlossen.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Schmied erhält nach eigenen Angaben „keine Pension der Kommunalkredit“.
Schule

Politik: Wie es zu „Luxuspensionen“ kommt

Gerüchte über eine fünfstellige Pension für die baldige Ex-Ministerin Claudia Schmied sorgen für Aufregung. Viele Politikerprivilegien wurden abgeschafft, abkassiert wird in der Privatwirtschaft.
Bildung

Ministersessel: Was es für Schmieds Nachfolge braucht

Mit dem Abgang der Unterrichtsministerin wird einer der spannendsten Jobs in der heimischen Politik frei. Ohne Rückhalt in der eigenen Partei, Verbündete außerhalb und Schulerfahrung könnte dieser schwierig werden.
NATIONALRATSWAHL 2013: HEINISCH-HOSEK / OSTERMAYER / RUDAS / DARABOS
Niessl, Ostermayer, Töchterle,…

Das Land der vielen Bildungsminister

SPOE PARTEIPRAESIDIUM: SCHMIED
Schule

Schmieds Rücktritt: Das Scheitern einer "Reformministerin"

Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) zieht sich aus der Politik zurück. Mit ihr verabschiedet sich eine umstrittene Reformerin.
Ministerin Schmied zieht sich
Schule

Ministerin Schmied zieht sich aus Politik zurück

Die Unterrichtsministerin hat "berufliche Angebote bekommen", die sie prüfen werde. Bis zur Angelobung einer neuen Regierung bleibt die SP-Politikerin noch im Amt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.