Reaktionen: Lob und Häme für die scheidende Ministerin

AHS-Lehrer geben sich zurückhaltend, Gesamtschulgegner jubeln, die Grünen zollen Schmied zu ihrem Rückzug Respekt.

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) war eigenen Angaben zu Folge schon über die Rückzugspläne von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) informiert. Vor dem SPÖ-Präsidium meinte der Parteichef Montagvormittag, Schmied habe "sehr viel weitergebracht". Wie gut ihre Arbeit gewesen sei, werde man erst in einigen Jahren an den Ergebnissen der PISA-Tests ablesen können. Dass Schmied wegen des Stillstands in Sachen Gesamtschule oder den Problemen beim Lehrerdienstrecht Schuld an den SPÖ-Verlusten bei der gestrigen Nationalratswahl gewesen sei, wies Faymann zurück. Es wäre zu billig zu sagen, es sei da um eine Person gegangen.

"Mit großer Gelassenheit" hat der Chefverhandler bei der Reform des Lehrerdienstrechts, Paul Kimberger (FCG), am Montag reagiert. "Es hat sich angekündigt und ich nehme es zur Kenntnis", sagte er. Vom nächsten Unterrichtsminister erhofft Kimberger sich "mehr Bildungsqualität und weniger Boulevard, mehr Pragmatismus, weniger Ideologie". Es brauche jemanden, der Erfahrung im Bildungsbereich habe und "auf die wahren Bildungsexperten" wie Lehrer höre. "Schilcher, Androsch und Salcher haben die Politik der Ministerin auch nicht professioneller gemacht", so Kimberger. Der nächste Unterrichtsminister solle außerdem "Reform mit den und nicht gegen die Betroffenen" machen. "Ministerin Schmied hat das mehrmals versucht und ist gescheitert."

Zurückhaltend haben die AHS-Lehrergewerkschafter den Rückzug Schmieds aufgenommen. Aus Sicht ihres Vorsitzenden Eckehard Quin (FCG) habe Schmied "viele offene Baustellen" hinterlassen, die noch zu einem guten Ende gebracht werden müssten. So würden bei der Zentralmatura noch immer die Durchführungsbestimmungen fehlen, es gebe keine nach Semestern eingeteilten Lehrpläne für die Modulare Oberstufe und die gesetzliche Klassenschülerhöchstzahl würde in den AHS-Unterstufen immer noch bei einem Drittel der Klassen überschritten, so Quin. Von ihrem Nachfolger erhofft Quin sich, "dass er wieder zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit den Lehrern zurückfindet".

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) hob seine gute Kooperation mit Schmied hervor. Trotz teils unterschiedlicher Ausgangspositionen habe er mit ihr gut zusammengearbeitet, "insbesondere bei unserem gemeinsamen Projekt 'PädagogInnenbildung neu', wo es uns gelungen ist, eine fundierte und qualitätsvolle Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer auf Schiene zu bringen", so Töchterle.

Respekt zollte der Grüne Bildungssprecher Harald Walser der scheidenden Ministerin: "Ich habe großen Respekt für diese Entscheidung, denn Claudia Schmied war engagiert, musste angesichts des großkoalitionären Ideologiestreits und der festgefahrenen Positionen aber scheitern", sagt Harald Walser, Bildungssprecher der Grünen. Eine Schulreform in der rot-schwarzen Koalition durchzuführen, sei nahezu eine mission impossible, so Walser: "Die Ministerin wurde von Kanzler Werner Faymann und der SPÖ-Führungsriege mehrfach im Regen stehen gelassen und die Blockadefraktion in der ÖVP hat sie von vornheein zum Feindbild erklärt."

Jubel herrscht dagegen bei den Gesamtschulgegnern der Bildungsplattform "Leistung & Vielfalt". Vorsitzender Günter Schmid empfindet laut einer Aussendung "tiefe Befriedigung über die Entschärfung der gefährlichsten Zeitbombe für die Qualität des österreichischen Bildungswesens". Die Ministerin habe "endlich erkannt, dass ihre bildungspolitische Geisterfahrt zu beenden ist."

Auch die VP-nahe Schülerunion freut sich auf "frischen Wind". Anerkennung zollte sie Schmied in einer Aussendung für die Aufwertung der Hauptschulen zu Neuen Mittelschulen (NMS), die Senkung der Klassenschülerzahlen und deren Unterstützung für ein verpflichtendes Unterrichtsfach Politische Bildung. Bundesschulsprecherin Angi Groß hätte sich aber "insgesamt mehr Einbeziehung der Schulpartner bei den Projekten gewünscht".

Der oberösterreichische Landeschef Josef Pühringer (ÖVP) sieht Schmieds Abgang als ihre persönliche Entscheidung. "Ich schmälere ihren Verdienst nicht. Aber Faktum ist, dass beim Lehrerdienstrecht die Fronten zwischen ihr und der Gewerkschaft sehr einzementiert waren und sie daher keinen allzu großen Spielraum mehr hatte." Einen schwarzen Bildungsminister würde er begrüßen, das sei jedoch nur seine persönliche Meinung. "Ich stelle zum jetzigen Zeitpunkt keine Bedingungen auf."

Bedauern löst der angekündigte Rückzug Schmieds bei der "Initiative Religion ist Privatsache" aus. Für Initiative-Sprecher Eytan Reif war Schmied "eine der wenigen aufrichtigen Vertreterinnen des Ethik-für-ALLE-Modells": Ihr Abgang könne für die Trennung von Staat und Kirche im Schulbereich "schwerwiegende Folgen haben". Reif lobte insbesondere Schmieds "kompromisslose laizistische Haltung, die in krassem Kontrast zum rückgratlosen SPÖ-Parlamentsklub stand".

Aus der Kulturwelt war Lob zu vernehmen. Durchwegs positiv äußerte sich die Generaldirektorin der Nationalbibliothek, Johanna Rachinger: "Mit Claudia Schmied konnten in den letzten Jahren wichtige Maßnahmen im Kulturbereich umgesetzt werden." Dabei hob Rachinger unter anderem Schmieds umfassende Unterstützung für das Literaturmuseum der ÖNB im Grillparzerhaus hervor, das 2015 eröffnen soll. "Für mich persönlich war die Zusammenarbeit mit Frau Bundesministerin Schmied sehr positiv und geprägt von ihrem großen Engagement und ihrer Begeisterung für das Kulturland Österreich"

Auch die Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums, Sabine Haag, zeigte sich mit der Ära Schmied zufrieden: "Die Bilanz ist sehr, sehr positiv." Nicht zuletzt die Kunstkammer oder der freie Eintritt für Unter-19-Jährige in die Bundesmuseen habe Schmied entscheidend vorangetrieben. "Das sind Projekte, die für immer mit dem Namen von Claudia Schmied verbunden sein werden", so Haag. Auch habe es die Politikerin immerhin geschafft, das Kulturbudget konstant zu halten: "Sie hat sich wie eine Löwin für das Kulturbudget eingesetzt." Von einer künftigen Bundesregierung erhoffe sie nun eine Valorisierung der Leistungszulage und ein Sonderbudget für wichtige Projekte im Kulturbereich.

Lakonisch-freundlich verabschiedete sich Volksopern-Direktor Robert Meyer von der Kulturpolitikerin: "Ich danke Bundesministerin Dr. Claudia Schmied für die gute und fruchtbare Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren und wünsche ihr für die Zukunft alles Gute." 

(APA/Red.)

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